WALDORFSALAT

Der kritische Podcast zur Anthroposophie

#17 mit Peter Bierl: Soziale Dreigliederung

25.01.2024 76 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Folge zu hören sind:

Gast: Peter Bierl
Moderation: Oliver Rautenberg alias Anthroblogger
Aus dem Team #ExWaldi: Lena, Cosmo
Technik: Steffen


Zusammen mit Peter Bierl nähern sich Oliver, Lena und Cosmo dem anthroposophischen Gesellschaftskonzept der Sozialen Dreigliederung an. Was bedeutet Freiheit im Geistesleben, Gleichheit im Rechtsleben und Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben? Ist das mit Demokratie vereinbar und wo ist diese Idee auf dem politischen Spektrum anzusiedeln?

 

Content-Notes:

Allgemeine Content Notes: In dieser Folge sprechen wir u. a. über Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus

O-Ton Steiner: 06:25 - 07:00
Antiamerikanismus 38:00 - 38:30
Antisemitismus, Beschreibung antisemitischer Darstellungen in einer Karikatur: 42:59 - 44:00
Antisemitische Verschwörungserzählungen: 56:32 - 57:05

 

Wir reden über:

  • 00:00:00 Prolog
  • 00:00:45 Intro
  • 00:01:10 Vorstellung des Teams, was verbindet uns mit dem Thema?
  • 00:02:50 Vorstellung Peter Bierl & seines Buchs zur Anthroposophie
  • 00:04:15 die “Niederländische Kommission” zu Rassismus in der Waldorfschule
  • 00:06:00 aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat
  • 00:07:05 Einordnung des Zitats, Steiners Propaganda gegen Sozialismus
  • 00:09:20 Was ist die Soziale Dreigliederung? Wie steht sie zur parlamentarischen Demokratie und zum Manchester-Liberalismus?
  • 00:15:50 der antidemokratische Kern der “Sozialen Dreigliederung”
  • 00:21:45 anthroposophische Player in der Wirtschaft
  • 00:23:00 Dreigliederung als politische Bewegung vs. Wirtschaftsprojekt
  • 00:26:45 Direkte Demokratie und Anthroposophie, fehlende Kapitalismuskritik
  • 00:37:00 historische Verbindungen nach rechts, Querfront
  • 00:42:55 heutige Verbindungen zur radikalen Rechten, politische Fraktionen in der Anthroposophie, antisemitische Postkarten
  • 00:50:00 Was bedeutet das für die Praxis heute?
  • 00:56:32 antisemitische Verschwörungserzählungen
  • 01:04:10 Gewinnt die rechte Fraktion die Oberhand?
  • 01:09:00 Fazit - Was kann man besser machen?
  • 01:14:25 Wortsalat - Das Zitat in seinem Zusammenhang



Zu Peter Bierl:

Peter Bierl, geb. 1963, ist freier Journalist und Autor. Er studierte Politikwissenschaften, war jahrelang politischer Aktivist und ist Mitglied der DJU in der Gewerkschaft ver.di sowie in der Gruppe LEA (Left Ecological Association). Er publizierte unter anderem die vieldiskutierten Bücher “Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik” (1999, Neuausgabe 2005), “Schwundgeld, Freiwirtschaft und Rassenwahn. Kapitalismuskritik von rechts: der Fall Silvio Gesell” (2012) und “Grüne Braune: Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von rechts” (2014). 

 

Weiterführende Links

Zusammenspiel : Erklärungsfilm vom Institut für Soziale Dreigliederung 

https://film.dreigliederung.de/

 

Buch: Peter Bierl. Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik (Neuausgabe 2005).

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Bierl#Das_Buch_%E2%80%9EWurzelrassen,_Erzengel_und_Volksgeister%E2%80%9C 

 

Zu Silvio Gesell:

Peter Bierls Buch “Schwundgeld, Freiwirtschaft und Rassenwahn. Kapitalismuskritik von rechts: der Fall Silvio Gesell”

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Bierl#Das_Buch_%E2%80%9ESchwundgeld,_Freiwirtschaft_und_Rassenwahn%E2%80%9C 

 

Manchesterliberalismus:

https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20061/manchesterliberalismus/

 

Anarchosyndikalismus/ sozialistischer Anarchismus:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/lange-nacht-ueber-anarchismus-kein-gott-kein-staat-kein-100.html

 

Omnibus für direkte Demokratie: https://www.omnibus.org/

Mehr Demokratie e.V.: https://de.wikipedia.org/wiki/Mehr_Demokratie

Parteiprogramm “Die Basis”: https://diebasis-partei.de/wahlen/programm/

Parteiprogramm “WiR2020”: https://wir2020partei.eu/parteiprogramm/

Rechtsextreme Partei “Deutsche Mitte”/”Neue Mitte”: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Mitte

 

Karl Marx & Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei (1848) https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1848/manifest/index.htm

 

Zeitschrift “Neue Politik” http://neuepolitik.com/

 

Mehr Informationen und weiterführende Links zu Haverbeck (SA-Mitglied & SS-Untersturmführer, Anthroposoph & Ökofaschist) : https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Georg_Haverbeck

 

“Collegium Humanum”: https://www.wikiwand.com/de/Collegium_Humanum

 

Blogpost von Oliver zur Sozialen Dreigliederung inklusive eines Bilds der antisemitischen Werbe-Postkarte: https://anthroposophie.home.blog/2023/01/25/soziale-dreigliederung-eine-blaupause-fur-den-staatsstreich/

 

Ansgar Martins: Apokalyptik, Sozialreform und Ich-Philosophie. Über einige Entwicklungen und Neuansätze in der deutschsprachigen Anthroposophie nach dem Tod Rudolf Steiners 1925.

https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110775914-002/html

 

Broschüre des Bund der Freien Waldorfschulen zur Reichsbürger-Bewegung: https://www.waldorfschule.de/fileadmin/downloads/Blickpunkte_Reader/Reichsbuerger_web.pdf



Das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat

Quelle: Rudolf Steiner Gesamtausgabe Band 337a

Studienabend des Bundes für Dreigliederung des Sozialen Organismus 1920



Das Waldorfsalat-Format:
Ein Gast oder eine Gästin mit Expertise, der "Anthroblogger" Oliver Rautenberg als Moderator und zwei #ExWaldi mit Erfahrungen in anthroposophischen Einrichtungen - das sind die Zutaten für unseren Waldorfsalat.
 
Wir möchten uns in diesem Podcast kritisch über Anthroposophie unterhalten. In jeder Folge nehmen wir uns einen anderen Aspekt vor - von der Pädagogik über die Landwirtschaft bis hin zur Medizin und Weltanschauung. 
Wir bringen alle unterschiedliche Motivationen, Vorerfahrungen und Hintergründe mit.
Uns eint der Wunsch nach Aufklärung, die Theorie und Alltagspraxis zusammen bringt.


Allgemeines
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Wir sind gespannt und neugierig auf die kommenden Gespräche.


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Transkript

Hallo Leute, diese Folge hier haben wir am 15. August 2023 aufgenommen, also schon einige Monate vor den sogenannten Bauernprotesten und das durch die Correctiv-Recherche bekannt gewordene Treffen von Rechtsextremen aus der AfD, CDU, der Identitären Bewegung und anderen Gruppierungen. Trotzdem passt das Thema gerade jetzt sehr gut, weil Lena, Cosmo und Oliver zusammen mit Peter Bierl unter anderem über die Abgrenzung nach rechts innerhalb der Anthroposophie der alternativen Szene und dem bürgerlichen Milieu gesprochen haben. Ihr merkt, das wird jetzt wieder kein leichtes Thema, da fällt es mir auch sehr schwer, Euch viel Spaß zu wünschen. Ich wünsche Euch aber schon mal viele neue Erkenntnisse. Und jetzt geht's los. Hallo und schön, dass ihr dabei seid bei Waldorfsalat, dem kritischen Podcast über Anthroposophie. Im Team Waldorfsalat haben sich ehemalige Waldorf-Schüler*innen und andere Menschen zusammengefunden, die mit der esoterischen Weltanschauung Rudolf Steiners aufgewachsen sind. Auch in dieser Folge sind wieder zwei von unserem Team mit als Experten dabei. Das Thema ist heute die soziale Dreigliederung. Im Studio bei uns sind aus dem Team Waldorfsalat Cosmo und Lena. Hallo Leute. Hallo. Hi. Ja Cosmo, kannst du kurz einordnen, was verbindet dich mit dem Thema soziale Dreigliederung? Also erst mal ist es für mich auch ein recht abstraktes Konzept, von dem ich aber weiß, dass es ganz wichtig wäre, das zu verstehen, um aktuelle Bewegungen oder alles, was rund um die Querdenken, Bewegung und Anthroposophie so passiert ist in den letzten Jahren, zu verstehen. Andererseits ganz persönlich verbindet mich damit, dass ich diesen Film "Soziale Dreigliederung", ein Zusammenspiel oder so heißt er, glaube ich, gesehen habe. Und da wird mein alter Ausbildungshof, bei dem ich die freie Ausbildung abgebrochen habe, als ein Positivbeispiel genannt. Und das hat mich ganz persönlich angegangen, sage ich jetzt mal. Der Demeterhof, von dem du kommst, richtig. Okay, danke. Lena, was verbindet dich mit dem Thema? Ja, mir geht es ähnlich. Es ist ein relativ abstrakter Begriff, der überall so ein bisschen rumgeschwebt ist, wo ich eben aufgewachsen bin. Mir ist dieser Begriff immer wieder begegnet und ich glaube, mir ist auch so die Idee dahinter immer wieder begegnet, allerdings dann ohne, dass der Begriff genannt wurde. Und ich würde das gerne mal so ein bisschen sortiert kriegen in meinem Kopf und noch mal ein bisschen einordnen. Das kriegen wir bestimmt hin. Ja, am Mikrofon wie immer, Oliver Rautenberg, der Antro-Blogger, das bin ich. Und in der Technik ist für uns der Steffen. Und zum Thema soziale Dreigliederung haben wir einen wunderbaren Gast gewinnen können, und zwar den Journalisten und Buchautoren Peter Bierl. Hallo Peter. Hallo Oliver, hallo Cosmo und Lena. Grüß dich, schön, dass es geklappt hat. Peter Bierl ist vielleicht vielen bekannt durch sein Buch "Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister". Ich glaube, 2005 war es erschienen, bin ich da richtig? Da liegst du richtig, das war die Neuauflage, ja. Ah ja, die Neuauflage hat natürlich sofort für großes Entsetzen in der anthroposophischen Szene geführt. Das liegt natürlich in der Natur der Sache. Besonders spannend finde ich, dass aus dieser Debatte um das Buch entstand, nämlich die Untersuchung durch die Anthroposophische Gesellschaft beauftragt in den Niederlanden. Und zwar gab es da eine Kommission, die die Schriften und Vorträge Steiners auf rassistisch diskriminierende Äußerungen untersuchen sollte. Kann man dazu sagen, dass du das direkt ausgelöst hast oder dein Buch das ausgelöst hat? Nee. Nee, kann man nicht sagen. Gut, danke. Das ist leider völlig falsch. Das hat jemand in die Welt gesetzt. Das wäre natürlich sehr schmeichelhaft für mich, stimmt aber einfach nicht. Es gab in den Niederlanden einen Vorfall. Da hat eine Frau in den Heften ihres Kindes an der Waldorfschule rassistische Passagen entdeckt. Ist dann zur Schule gegangen, hat sich beschwert, wurde dann abgewimmelt, so nach dem bekannten Muster. Sie hätte das alles falsch verstanden, das sei ganz anders gemeint und so weiter. Und die hat sich aber nicht abwimmeln lassen und ist an die Presse gegangen damit. Und das sorgte dann für einen unglaublichen Rummel in den Niederlanden. In den Niederlanden, muss man wissen, gab es das Fach Rassenkunde offiziell noch an den Waldorfschulen. Und sie standen so unter Druck, dass sie eine Kommission einsetzen mussten. Diese Kommission ist für mich von zweifelhaften Charakter. Das ist keine unabhängige Kommission gewesen, sondern lauter Anthroposophen. Das Ergebnis ist nicht verwunderlich, es ist im Wesentlichen Persilschein. Ja, also ein Freibrief und es wurden nur angeblich nur sehr, sehr wenige heute als rassistisch empfundene Zitate gefunden. Viele andere, die ich für sehr, sehr kritisch halte, wurden nicht als rassistisch eingestuft. Und dann kam es raus, wenn Anthroposophen die Anthroposophie untersuchen, Nein, die ist natürlich nicht rassistisch, das hätte man sich denken können. Und wenn überhaupt dann nur in homöopathischen Anteilen vorhanden, wobei das ja witzig ist, weil die Homöopathie ja stärker wirken sollte, je weniger sie vorhanden ist. Also müsste ja eigentlich der Rassismus viel schlimmer sein, wenn er wirklich so klein wäre. Aber mittlerweile ist die Anthroposophie-Kritik, glaube ich, zu der Erkenntnis gelangt, dass rassistische Evolutionserzählungen nach Steiner auch ein Kernelement der esoterischen Lehre nach Steiner sind sind und davon gar nicht zu trennen sind. Ja, jetzt soll es aber heute um die soziale Dreigliederung gehen. Das ist ein politisches Konzept nach Rudolf Steiner. Und wie immer, am Anfang der Sendung würde ich gerne ein passendes Zitat dazu vorlesen von Rudolf Steiner. Und wir nennen das Ganze das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat. Wir werden erst anfangen, vernünftig reden zu können, wenn wir ein Stück weiter sind in der Dreigliederung. Wenn wir wirklich so drinnen stehen in dieser Propaganda für die Dreigliederung, dass eine genügend große Anzahl von wirtschaftenden Menschen wissen, wir können überhaupt nichts Vernünftiges reden, solange wir noch immer darauf kalkulieren, dass uns das Wirtschaftsleben durch Staatseinrichtungen gemacht wird. Nur in dem Maße, in dem man drinnen steht in einem freien Wirtschaftsleben, das nichts zu tun hat mit mit Politik kann man erst vernünftig reden. Vorher ist es Unsinn, das von einem Vortrag Rudolf Steiners aus 1920 über die soziale Dreigliederung. Also Peter, wir haben jetzt gehört, Steiner sagt, die Politik darf keinerlei Einfluss nehmen in das freie Wirtschaftsleben. Wie kann ich mir das vorstellen, wenn jetzt zum Beispiel eine Pandemie ist und der Staat sagt, wir müssen jetzt dringend Masken produzieren, haben wir da nicht Maskenproduzenten, dürfte der sich da gar nicht einmischen und das anleiern? Ja, das wäre dann im Einzelnen sicher noch die Frage, inwieweit Videologie und Realitätssinn auseinanderklaffen. Der Liberalismus behauptet ja auch immer Staatsfreiheit, aber tatsächlich funktioniert keine kapitalistische Ökonomie ohne ständige staatliche Regulierung. Also auch da haben wir diesen Widerspruch. Ich glaube, im historischen Kontext ging es dem Steiner eher darum, Sozialisierungen zu verhindern. Also, sprich, so Tendenzen nach der November-Revolution, eventuell noch ein bisschen weiter zu gehen und die ein oder anderen Industriezweige zu vergesellschaften. Da gehört ja auch dazu, dass Rudolf Steiner in Württemberg von den Unternehmern auf Tour geschickt wurde, durch die Fabriken, um dort die Arbeiter davon abzuhalten, Räte zu wählen und die Betriebe zu sozialisieren. Also im Kontext des Jahres 1920 ist es eine ganz klar gegenlinks gerichtete Propaganda gewesen. Der Staatseingriff war der befürchtete durch die neue Demokratische Republik in Richtung einer Sozialisierung von Unternehmen. Es ist ja dann auch offiziell eine Sozialisierungskommission in Deutschland eingerichtet worden. Das war allerdings schon sozusagen eigentlich ein Trick, um die ganze Sache erst mal auf die lange Bank zu schieben und erst mal mitzutun. Ja, ja, es gibt gibt explizite Stellen im Werk Steiners, wo er ja den Parlamentarismus angreift und das demokratische Parlament. Und das könnte ersetzt werden quasi durch eine Art von Volksherrschaft, eine Herrschaft von unten durch die soziale Dreigliederung. Jetzt ist dieser Begriff immer im Raum und die Anhänger*innen, die nennen das einfach nur verkürzt die Dreigliederung. Vielleicht können wir mal für unsere Zuhörer*innen zusammen brainstormen, was soll das sein? Also Steiner hat schon, glaube ich, 1898 mit dem Konzept angefangen, einer eigenen politischen Philosophie und er hat unsere Gesellschaft und den Staat quasi in drei große Bereiche eingeteilt. Das Geistesleben, das Rechtsleben und das Wirtschaftsleben. Und so wie ich das verstehe, gehört zum Geistesleben alles in unserer Gesellschaft, was mit Wissenschaft und Kunst und Kultur zu tun hat. Dann zweitens das Rechtsleben, wo es vor allem um die Gesetzgebung geht und dann drittens halt das Wirtschaftsleben, also Produktion, Handel, Konsum und er leitet das so ein bisschen von den Idealen der französischen Revolution ab, von dem Motto Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Wenn man diese drei Bereiche, die angeblich getrennt sind und getrennt sein sollen in der Gesellschaft, das Geistige, das Rechtliche und das Wirtschaftliche, wenn wenn man die drei sieht, dann bilden sie zusammen den sozialen Organismus. Und der Staat soll dann in diesen Organismus, in diesen natürlich gegebenen Organismus, gar nicht viel eingreifen dürfen, sondern wichtige Aufgaben sollen von der Gesellschaft selbst übernommen werden. Würdest du mir zustimmen, dass man das so kurz zusammenfassen kann, Peter? Ja, im Wesentlichen würde ich das auch so sehen. diese Vorstellung von drei Bereichen, die strikt getrennt sein sollen. Wobei man sich da schon fragen muss, wie das tatsächlich funktionieren soll. Weil selbstverständlich stehen diese drei Bereiche, Wissenschaft, Kunst, Kultur, mit wirtschaftlichen Verhältnissen, mit einer bestimmten Form der politischen Regulierung, immer in einem Zusammenhang. Es ist die Frage, wie der Zusammenhang organisiert ist Und bei Steiner, diese Dreigliederung würde das eigentlich sehr zerschneiden oder zumindest die Zusammenhänge verschleiern. Und man darf nicht vergessen, es ist von Anfang an in einer antidemokratischen Intention entstanden. Also Steiner entwickelt dieses Gesamtkonzept. 1917, ausdrücklich gegen die Forderung des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, der die Habsburger und die Wurzoller Monarchien auffordert, als Bedingungen für Waffenstillstand und Frieden, sich in echte parlamentarische Demokratien zu verwandeln, was von der völkischen Rechten in Deutschland und Österreich als undeutsche westliche Zumutung zurückgewiesen wurde. Und auch Steiner steht im Grunde genommen in dieser Denktradition, wenn er sagt, nein, diese parlamentarische Demokratie, Du hast es ja auch schon gesagt, diese bürgerliche Form der Demokratie, die sei eigentlich nichts für Deutschland, für Mitteleuropa, wie Steiner dann oft sagt. Und er entwickelt dann eben ein eigenes Konzept, das völlig frei ist von diesen Formen der bürgerlich-liberalen Demokratie. Also als Marxist kritisiere ich natürlich die bürgerlich-liberale Demokratie von links, geht mir dann nicht weit genug, übersieht die sozialen Voraussetzungen, den Widerspruch zwischen Kapital und Wohnarbeit. Und auf der anderen Seite ist natürlich diese bürgerliche parlamentarische Demokratie, kann man auch bei einer Zeitgenossin Steiners, Rosa Luxemburg, nachlesen, natürlich ein historischer Fortschritt und immer zu verteidigen gegen solche Anwürfe von rechts, wie sie Steiner da auch formuliert. Ja, wenn man zuerst hört, Es sollen bitte nicht die Wirtschaftsinteressen darüber bestimmen, was in der Wissenschaft geforscht wird. Da würde ich ja sagen, ja, das mag seine Berechtigung haben. Das klingt ja schon mal gar nicht schlecht. Oder die Wirtschaft sollte nicht bestimmen können, was die Kunstszene oder der Kunstmarkt produziert. Das geht ja nur wirklich nichts an. Wie soll das die Wirtschaft vorgeben? Da verstehe ich das Prinzip schon nicht, wie da überhaupt Verbindungen sein sollen. Aber wenn es heißt, wir wollen gegen Ausbeutung, gegen Vetternwirtschaft, gegen Vertuschung wollen wir arbeiten, dann finde ich das von den drei Gliedern erstmal einen sympathischen Ansatz. >> Naja, da kann wohl kaum jemand widersprechen, wenn du sagst, es ist gegen Korruption und Vetternwirtschaft. Aber das ist für mich genau die populistische Note an dem Ganzen, an realen Missständen anzusetzen. Und die Frage ist dann, in welchen Kontext man die stellt. Wenn ich eine Ökonomie habe, die auf Konkurrenz basiert, also im Grunde genommen Sozialdarwinismus als tagtägliche Realität, dann gehört der Versuch des Betruges, der Korruption da einfach dazu. Und genau diesen Mechanismus, den kritisiert Steiner ja überhaupt nicht. Also in seinem Konzept dieses wirtschaftlichen Organismus, der soll nach den Prinzipien der Konkurrenz funktionieren. Und er sagt damals ausdrücklich nochmal, Vergesellschaftung ist eine sozialistische Illusion. In diesem Wirtschaftsbereich soll sich sozusagen der Egoismus des Einzelnen austoben. Das ist eine klassische Vorstellung des Manchester-Liberalismus. Man darf nicht vergessen, Steiner hat ja so eine kurze Phase, wo er mit dem Anarchismus liebäugelt. Wir haben vor 1900, aber er ist kein Anhänger des sozialistischen Anarchismus, also von Kropotkin oder Bakunin oder Anarcho-Syndikalismus, sondern es ist dieser Individual-Anarchismus, diese rechtslibertäre Strömung, die wir ja heute auch wieder stark im Kommen haben, auch in der Bundesrepublik. Ja, Cosmo. Ja, ich finde auch dieses, also Freiheit im Geisteswesen, das, was du da eben gesagt hast, dass Konzerne nicht darüber entscheiden dürfen sollen, worüber wir forschen können. Ich finde, das wird ja eigentlich immer so vorgeschoben als so ein Grund, wo man erstmal noch zustimmen kann. Und dann geht es, also hat mich das jetzt erinnert, ich weiß halt nicht, wie der historische Kontext damals war, aber jetzt halt an dieses Meinungsfreiheitsnarrativ. Und da frage ich mich, ob es da halt auch damals schon so Parallelen gab. Vielleicht weißt du auch was dazu, Peter. Na ja, also Steiner konzipiert diesen Bereich als einen, wo auch die Fägen, also eine Elite der Fägen, die Führung hat. Also jeder dieser drei Bereiche soll zwar autonom sein und insbesondere soll dieser Kulturbereich frei sein von Wirtschaft und Politik und die Wirtschaft wiederum keine staatlichen Eingriffe haben. Aber innerhalb der einzelnen Bereiche geht es dann doch recht autoritär zu, wenn er da von den Eliten spricht. Und diese Vorstellung, dass es hierarchisch strukturiert sein soll, ist ja auch logisch konsequent in Steiners Denken, also in einer esoterischen Weltsicht, wo die ErlEuchteten, spirituell ErlEuchteten auch die spirituellen Führer sind und da kann es keine Demokratie geben. Also ich will jetzt, nur um es nicht falsch zu verstehen, ich will jetzt nicht jeden Anhänger der Anthroposophie in eine rechte oder antidemokratische Ecke stellen, aber wenn wir uns die Ideologie anschauen, die Welt anschauen, dann ist sie fundamental antidemokratisch. Und das hat eine Logik. Also wenn die einen sozusagen die ErlEuchteten sind und wissen, wie der Weltenlauf wie es in der Vergangenheit ausgesehen hat und die Zukunft voraus, wenn sie hellseherische Fähigkeiten haben, dann wäre es natürlich völlig widersinnig, demokratische Prinzipien einzuführen, die nach Mehrheitsprinzip funktionieren. Absolut. Rosmarin noch mal und danach Lena. Ja genau, ich wollte noch mal sagen, zudem nicht alle Anthroposophie-Anhänger*innen in die rechte Ecke stellen. Klar, aber was ich jetzt nochmal gerade sagen wollte, ist, dass in antifaschistischen Einrichtungen, wo nach außen ja immer sowas von Selbstverwaltung und irgendwie Basisdemokratie und so kommuniziert wird, halt diese krassen Hierarchien auch extrem gelebt und geschützt werden. Und das finde ich halt auch sehr problematisch. Da möchte ich gerne Alnatura in Bremen anführen, die vor Gericht dagegen gekämpft haben, dass ein Betriebsrat eingerichtet wird. Der Anthroposophie-Kritiker André Sebastiani hat das mal so formuliert, dass die einzelnen Glieder innerhalb der drei gegliederten Firma Alnatura ja gegeneinander arbeiten. Also es gibt natürlich Entscheider ganz oben, es gibt mittleres Management und es gibt Arbeiter*innen. Und wenn die die dann von unten gegen das oberste Wesensglied oben aufbegehren, dann ist der Organismus krank. Das ist wie ein Krebsgeschwür, das weggehört. Das sei keine demokratische Idee, Firmen nach der Dreigliederung auszurichten. Also haben wir wieder so ein Elitsystem. Das ist im Grunde genommen eine ständige Vorstellung. Von oben und unten. Also auch dieser Begriff des Organischen, der da oft auftaucht, der stammt ja aus der deutschen Romantik, aus diesen konservativ Reaktionären gegen diese bürgerliche Revolution. Und auch da ist das Organische eine Ständeherrschaft. Und das Künstliche ist im Grunde genommen ein moderner, ein modernes politisches, demokratisches System, wo alle Wahlrecht haben. Wir wissen, dass der Liberalismus selber kein Anhänger des allgemeinen Wahlrechts war. Aber jetzt, das ist sozusagen, da sieht man halt auch noch mal, wie stark die Anthroposophie als Weltanschauung und eben dann auch die Vorstellung der Dreigliederung eben in so ultrakonservativen und antidemokratischen Vorstellungen wurzelt. Also die Vorstellung ist, in so einem Betrieb arbeiten alle zusammen. Der Chef hat dann eine Fürsorgepflicht, also der soll sich schon irgendwie kümmern. Aber das ist so wie früher auf einem großen Bauernhof. Der Bauer ist verantwortlich, soll sich um seine Knechte und Mägde kümmern, soll die gut gehandelt. Aber Rechte haben die eigentlich nicht. Und ich war mal zur Recherche bei einer größeren anthroposophischen Einrichtung und dann habe ich irgendwann gefragt, wie sieht es bei Euch mit dem Betriebsrat aus? Und dann konnte man richtig sehen, wie die alle zusammenzuckten. Und dann kam, so etwas brauchen wir nicht. Bei uns basiert alles auf vertrauensvollem Miteinander. Hm. Sehr, sehr schwierig. Jetzt hat sich die Lena unterbrochen. Oder gar nicht zu Wort? Nee, ich hatte mich vorhin noch erinnert, ich hab diesen Film "Zusammenspiel" über die soziale Dreigliederung auch geschaut, in Vorbereitung für die Folge. Und ich meine, da ist es auch so, da wird das eben dargestellt, wie diese Bereiche sich trennen und jeder so für sich arbeitet, jeder dieser 3 Bereiche. Und da wird so einfach ganz selbstverständlich dann von den Unternehmern gesprochen, die sich eben miteinander abstimmen. Also da ist diese Idee von Selbstverwaltung ganz klar verknüpft mit, es gibt eben Unternehmer, die haben Unternehmen und die besprechen miteinander, wie sie das machen wollen. Die sprechen sich ab und stimmen das ab. Und da wird überhaupt nur diese Ebene angesprochen, dass da irgendwie Menschen sind, die Arbeit machen, kommt da gar nicht wirklich vor. Ja, das ist eine sehr, sehr einseitige Betrachtung. Vielleicht können wir noch mal schauen auf die anthroposophischen Wirtschaftsplayer, denn der Markt der Anthroposophie ist ja gar nicht klein. Wir wissen mittlerweile, dass es ein Netzwerk gibt von Universitäten, Hochschulen, Instituten, ein Netzwerk von anthroposophischen Banken, aber die Anthroposophie ist natürlich auch eine große Wirtschaftsmacht. Also die größten Drogeriekonzerne, Lebensmittelhändler, die größten Safthersteller aus dem Bio-Bereich, Alternativbanken und so weiter sind anthroposophisch oder anthroposophisch geprägt und nehmen sich auch die soziale Dreigliederung als Beispiel oder als Vorbild. So zum Beispiel in der Waldorfschule oder in der anthroposophisch geprägten GLS-Bank die diese Dreigliederung zum Kern haben. Was für Wirtschaftsunternehmen fallen uns da noch ein, die bekannt sind und die auf sowas basieren? Habt ihr da was? Ich hab natürlich auch was. Ich wollte einen Aspekt, vielleicht als historischen Hintergrund, dass diese Dreigliederung Steiner und seine Anhänger, der Kern um ihn herum, am Ende des ersten Weltkriegs und in den ersten Jahren verstehen die Dreigliederung als politische Bewegung. Sie wollen dieses System politisch durchsetzen als Alternative zu einer parlamentarischen Demokratie. Und ungefähr 1921 ist klar, dass sie keinen Stich machen. Eine ihrer letzten Aktionen ist die Propaganda für die Dreigliederung und für die Zugehörigkeit zum Deutschen Reich in Oberschlesien. Da gab es eine Abstimmung in bestimmten Gebieten über die Frage, soll das zu dem neuen polnischen Staat geschlagen werden oder beim Deutschen Reich verbleiben. und die Anthroposophen sind da aktiv mit ihrer Dreigliederung und zugleich pro-deutsch vor dem Hintergrund, dass Stalin eine sehr rassistische Vorstellung über Slawen im Allgemeinen und Polen im Besonderen hatte. Und danach ist klar, dass diese Dreigliederung als politische Bewegung gescheitert ist und jetzt fangen sie an, die einzelnen Projekte zu starten. Also diese Projekte sind sozusagen die Fortsetzung der Dreigliederungsbewegung als direkt politische Bewegung. Jetzt versucht man sozusagen mit anderen Mitteln, indem man nämlich selber solche Betriebe aufbaut, solche Einrichtungen aufbaut, da gehört die Waldorfschule dazu, da gehört WLEDA dazu. Im Grunde genommen der ganze Kosmos, den wir heute kennen, ist sozusagen der Versuch, diese Dreigliederung jetzt nicht als direkt politische Bewegung, sondern über einzelne Projekte in der Gesellschaft voranzubringen. sozusagen durchs Beispiel oder Vorbild habt. Ja, es ist einfach Leben oder Vorleben. Und das führt dann zu so Dingen wie, dass in anthroposophischen Unternehmen dann keine Betriebsräte oder Gewerkschaften erwünscht sind, weil wir sind doch eine große Familie. Wir können das doch auch unter uns besprechen. So nach dem Motto. Lena? Was mich auch ein bisschen beschäftigt, gerade historisch, das war mir lange nicht so klar. Es gibt ja auch etliche Unternehmen, die jetzt gar nicht so als anthroposophisch bekannt sind oder es vielleicht auch nie waren, aber da trotzdem mitgemischt haben. Also Waldorf ist ja auch im Rahmen der Waldorf Astoria entstanden. Oder es gab irgendwie große Schraubenhersteller, die auch in diesem Dunstkreis unterwegs waren. Da ist ja auch viel Geld in die Anthroposophie geflossen von Firmen, die es vielleicht nicht ganz so öffentlich gemacht haben. Oder heute gibt es dann noch so Sachen wie die Software AG Stiftung und so. Also Dinge, die anthroposophisch sind, ohne dass sie jetzt anthroposophische Produkte herstellen. Ja. Der Mahle-Konzern zum Beispiel, ein Maschinenbau-Konzern, wenn jemand es gar nicht so vermutet, oder am allerwenigsten vielleicht die Software AG, die, wie der Name schon sagt, Computerprogramme herstellt, was ja sehr materialistisch ist und sehr verpönt im Grunde. Aber gerade diese Stiftung, Mahle und Software AG, verfügen über viele, viele Milliarden Stiftungsvermögen und stecken die dann wiederum in die anthroposophischen Initiativen vor Ort. Firmen könnten wir sicherlich noch viele nennen. Jetzt haben die drei Glieder ja schon von Anfang an sich stark gemacht für direkte Demokratie. Zum Beispiel Werkzeuge der direkten Demokratie wären Volksabstimmungen. Manchen ist bekannt der Omnibus für direkte Demokratie. Das ist ein Bus, der durch Deutschland fährt seit den 80er Jahren und Werbung für dieses Konzept macht. Das war glaube ich mit einer der ersten Einrichtungen. Erinnerst du dich, Peter? Ja, den gibt es schon ziemlich lang und da ist so die anthroposophische Handschrift glaube ich noch relativ deutlich erkennbar, was jetzt bei "Mehr Demokratie" mehr so im Hintergrund spielt. Ja, du sprichst "Mehr Demokratie" an, auch bekannt einfach nur als Volksentscheid, obwohl es da mehrere Gruppen gibt, die sich so nennen. Der Verein "Mehr Demokratie e.V." hat interessanterweise eine Anthroposophin als Vorsitzende, die Claudine Niert, gelernte Eurythmistin, Eurythmiedozentin, Beuys-Anhängerin ebenfalls im Vorstand der radikalen, esoterischen GLS-Bank Treuhand. Also ist institutionell und privat sehr stark in die Anthroposophie eingebunden, genau wie viele andere in diesen Demokratieinitiativen und auch bei mehrdemokratie.ev. Allerdings betont der Verein, das wäre alles Privatsache und hätte mit ihrer Arbeit nichts zu tun. Ja, viele Demokratieinitiativen und direkte Demokratie sind von der Anthroposophie geprägt in Deutschland. Ist das vielleicht auch so ein Weg, sich eine Macht von unten quasi zu erarbeiten oder zu sagen, wenn wir genug Abstimmende haben, dann können wir Themen trotzdem durchsetzen, indem wir einfach unsere Blase, unsere Bubble aktivieren? Kann das so sein? Ja, ich finde, das ist so ein bisschen so ein Trugschluss zu sagen, das ist so eine Bewegung, die von unten kommt. Ich werde das bestimmt nicht so komplex erklären wie Peter, aber ich finde es für mich ganz anschaulich, wenn Machtverhältnisse, die da sind, geleugnet werden und quasi von einer Gleichheit ausgegangen wird, von der dann alle Menschen irgendwie mitsprechen können. Das ist, finde ich, das führt ja nur zu einem Aufrechterhalten von oder auch Verfestigen von bestehenden Ungleichheiten. So das eine. Und das andere ist halt, ja, also diese Basisdemokratie beruht dann ja, oder die Entschlüsse beruhen dann auf dem, was die Mehrheit gerne möchte, ohne irgendwelche Regulationen, um vielleicht doch schützenswerte Minderheiten, ja, vor diesen Entscheidungen irgendwie bewahren zu können. Das sind so zwei Punkte, die ich da sehe, die das so undemokratisch machen, diese Basisdemokratie-Idee. Ja, interessant auch Basisdemokratie. Wir haben eine aus den Queddecker-Protesten vorhergegangene rechte, verschwörungsideologische Kleinpartei, die Basis, die ihr Parteiprogramm auf der sozialen Dreigliederung Rudolf Steiners basiert. Und genauso die kleinen Schwesterparteien "Wir 2020", aber auch die rechtsnationalen Parteien "Deutsche Mitte und neue Mitte basieren direkt auf Steiner's Ideen. Ist es dann noch so, dass die soziale Dreigliederung wirklich eine wahrhaftige Kapitalismuskritik ist, vielleicht sogar eine linke Politik? Peter? Nee. Nee. Danke. Da hätten wir das. Also die soziale Dreigliederung ist nicht links. Nein, also weil der Kern, also wir haben, vielleicht muss man so ausgehen, ich würde sagen, diese Idee der sozialen Dreigliederung sowie verwandte Vorstellungen, ich denke jetzt an Silvio Gesell und seine gegen den Zins, also wo das Regionalgeld, Regionalgeldinitiativen dann rauskommen und dazugehören, Es gehört eigentlich alles in so einen Strauß von Vorstellungen, die sich so ab Ende des 19. Jahrhunderts rausbilden. Und zwar vor dem Hintergrund, also Marx und Engels gehen ja im Kommunistischen Manifest davon aus, dass am Ende nur Kapitalisten und Proletarier übrig bleiben. Also eine Gesellschaft mit zwei Klassen. Diese Prognose ist falsch. Tatsächlich existiert ja zu ihren Lebzeiten schon immer noch eine ganze Menge andere Leute, also Bauern, Handwerker, Selbstständige und so weiter und so weiter. Und die verändern sich zwar in ihrer Zusammensetzung aufgrund von technischen Entwicklungen, Arbeitsteilung und so weiter, aber es bleibt nach wie vor so was, was wir so ein bisschen vage als Mittelschicht bezeichnen. Und diese Mittelschicht fängt Ende des 19. Jahrhunderts an, sich zu artikulieren. Sie steht sozusagen, sie muss nach zwei Fronten kämpfen, einerseits gegen das sogenannte große Kapital, das sie bedrückt, und auf der anderen Seite gegen die Arbeiterbewegung. Und da stecken sie zwischendrin. Und das heißt, das heißt, sie tun einerseits immer so ein bisschen, als wären sie Kapitalismuskritisch, aber tatsächlich ist es nur so, sie kämpfen ums Überleben. Das meine ich, das ist ja auch ganz legitim. Das heißt, sie versuchen immer so eine Art fairen Kapitalismus irgendwie hinzukriegen. Ja, grünen und vielleicht sogar grünen Kapitalismus. Ja genau, heute würde man sagen, sozialer, ökologischer, fairer, grüner, wie auch immer. Und das ist ungeheuer populär. Das sehen wir auch bis heute in der Ökologie- und Umweltbewegung. Also ob es jetzt die Gemeinwohlökonomie und so weiter und so weiter ist. Also alles Ansätze, wo man, wenn man freundlich ist, sagen kann, gut gemeint. Sie suchen nach Lösungen für gesellschaftliche Widersprüche, für gesellschaftliche Probleme. Problematisch ist, dass sie natürlich nie die Grundlagen infrage stellen. Nämlich, dass ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung, auch diese Mittelschicht ist relativ klein, sie ist nur sehr laut, dass die einen eben über sämtliche Produktionsmittel, Grund- und Bodenmaschinen, Rohstoffe usw. verfügen. Und bei uns sind es, glaube ich, 70 Prozent der Bevölkerung sind lohnabhängige. Das heißt, die können nur leben, wenn jeden Monat jemand da ist, der ihre Arbeitskraft kauft und sie dann auch bezahlt. Und die steinersche Utopie der Dreigliederung geht nicht über diesen Rahmen hinaus. Also es ist nicht links, weil es keine Kritik des Kapitalismus ist. Da ist zwar manchmal die Rede von Kapitalismuskritik, so wie bei Sarah Wagenknecht, aber da ist gemeint, ist eigentlich nur die Bank und der große Konzern und meistens die ausländischen Konzerne. Da kommt dann schon das ausländerfeindliche Motiv mit rein. Aber nicht der Kern der Sache. Der Kern der Sache ist der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, so wie es auch noch im BGB-Grundsatzprogramm von 1996 drinsteht. Und da wollen sie nicht ran und das wollen sie auch nicht verändern. Und das wollen sie, das habt ihr ja auch schön beschrieben anhand eurer eigenen Erfahrungen, das wollen sie selbst innerhalb der Betriebe mit so was wie Betriebsrat. Und dabei sind bei uns ganz viele Betriebsräte ja ganz zahme Veranstaltungen, auch nur und zwar jetzt durchaus mit einem aus einer gewissen Logik heraus versuchen, dass der Betrieb läuft und möglichst viel Gewinn maximiert. Also selbst solche Betriebsräte wollen sie nicht haben und da sieht man natürlich ihren grundsätzlich antidemokratischen Charakter und lässt es halt kennzeichnen für diese ganzen kleinbürgerlichen Strömungen, dass sie eigentlich zwar so ein bisschen antikapitalistischen Pathos manchmal auflegen, aber in Wirklichkeit halt zutiefst antidemokratisch, sondern historisch und das gilt sowohl für Italien als auch für Deutschland, dieses Kleinbürgertum ist die Massenbasis des Faschismus und das, was dieser Faschismus als erstes zerschlägt, das sind die Gewerkschaften oder in Italien die Landarbeiterkooperativen und wie gesagt, Steiner ist an diesem Prozess aktiv beteiligt, wenn er in Württemberg durch die Unternehmen tourt, also der greift jetzt zwar nicht selbst zur Knarre, aber er macht Propaganda gegen diese Arbeiterbewegung, gegen diese Linke, die jetzt nach dem Ersten Weltkrieg zumindest ein Teil der Betriebe für Gesellschaften, also links ist das überhaupt nicht. Ich habe das in Erinnerung, dass mir Anthroposoph*innen immer wieder berichtet haben, dass Steiner ja gerade für Gewerkschaften und für Arbeitnehmerrechte war und die Arbeiter aufgefordert hätte, sich zusammenzuschließen. Da stecke ich aber nicht tief genug in seinen Arbeitervorträgen drin, dass ich das bestätigen könnte. Nur, ja, wie will man gegen Kapitalismus sein, wenn man selber zu den größten Kapitalisten gehört? Die größten Wirtschaftsunternehmen der Biobranche, die größten Privatunternehmen in der alternativen Pädagogik, mit die größten Player am Markt der alternativen Medizin und so weiter. Da sind die Anthroposoph*innen ganz weit vorne. Und das Einzige, was die dann machen, ist, die sprechen nicht gerne über ihr Geld. Das ist immer so ein bisschen verbönt, dass man Milliarden im Kreuz hat. Und es wird halt sehr viel Charity gemacht, Gemeinwohl-Dinge, die aber meiner Erfahrung nach zu weit mehr als 90 Prozent dann wieder in anthroposophische Initiativen reinlaufen. Und dann haben wir wieder diese Verwurstelung, diese Verstrickungen, diese Vetternwirtschaft. wenn ein Gründer vom DM Drogeriemarkt dann gleichzeitig an der Anthroposophischen Universität tätig ist und beim Waldorfbund noch was zu sagen hat und hier und da und dort, dann findet man immer wieder die gleichen Gestalten aus der Anthroposophie, die quasi durchgereicht werden und die sehr, sehr heftig netzwerken, sehr, sehr stark netzwerken. Insofern finde ich die Kritik an dem, ja, die Kapitalismuskritik, die vorgeschriebene finden dich vorgeschoben, da finde ich da so ein bisschen Fehl am Platze. Jetzt habe ich bei dir im Buch gelesen "Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister". Da schreibst du ausführlich über die soziale Dreigliederung und da kommen dann prominente Menschen drin vor, wie Klaus Steck, den ich eigentlich sehr gern gehabt habe bis dahin, Heinrich Böll und andere, die dann aber schon, ja, bei denen schon der alt-Nazi Haverbeck referieren durfte, die kooperiert haben mit rechten und nationalen Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher zum Beispiel. Ist es so, dass die dass die Dreigliederungsbewegung da von Anfang an schon mit einem Bein im rechten Sumpf stand? Also ja, ich tue mir auch immer schwer, mir vorzustellen, wie in den 50er, 60er, 70er waren, beginnend mit der Friedensbewegung, mit dem sogenannten Kampf gegen den Atomtodbewegung, es da eine Kooperation von Teilen der Linken, Rechten und Anthroposophen gibt, weil das eigentlich nicht zu übersehen war. Also es gab eine Zeitschrift, die hieß "Neue Politik", um 1956/57 gegründet worden. Da schreiben Ikonen der Neuen Linken wie Rudi Dutschke. Das Zwischendurchmahl ist eine Anzeigefreiheit für Rudolf Hess. Also offensichtlicher geht es nicht. Und das Gemeinsame ist sozusagen dieses Anliegen des Friedens, der Friedensbewegung. War ja auch nicht verkehrt, gegen eine Atombewaffnung der Bundeswehr zu sein, aber trotzdem eben mit zweifelhaften Figuren zusammenzuarbeiten. Und ich glaube, ein bisschen ist es verständlich, weil sowohl diese Linke als auch die Rechte vereint sind in einem tiefen Anti-Amerikanismus. Also die Beiträge aus den 60er Jahren in dieser Zeitschrift gegen diesen Krieg, da wird Che Guevara abgefeiert, auch von Rechten, weil er kämpft gegen den US-Imperialismus. Franz Josef Strauss, der sehr weit rechts steht, ist für diese Leute ein Verräter, ein Lakai des US-Imperialismus. Wadenauer, auch das sind alles Verräter. Wir würden heute sagen, das klingt ein bisschen wie Reichsbürger, was die damals gesagt haben. Diese Bundesrepublik, die ja tatsächlich in den 50er, 60er Jahren einen enormen ökonomischen und politischen Aufstieg erlebt, relativ schnell innerhalb der EG und dann der EU wieder die dominante Macht wird, die wird da auch schon immer dargestellt als völlig abhängige Vasallenstaat. Und diese Argumentation geht am Anfang von der KPD aus, ganz stark bis zu ihrem Verbot, dann auch von der illegalen KPD, wird zeitweise auch von der SPD getragen, so bis in den 50er-Jahren rein und dann eben von der Rechten. Und das sind so diese Gemeinsamkeiten, das sind so Dinge, die da auch nie kritisch reflektiert worden ist. Und dann der nächste Schritt war, sich in der Umweltbewegung zu treffen, auch wieder mit gewissen gemeinsamen Zielen. Klar ist der Kampf gegen Atomanlagen, der war natürlich richtig, nur ist er aus ganz verschiedenen Motiven geführt worden. Und für die Rechten war es halt die Gefahr, dass das deutsche Erbgut, dass die deutsche Rasse oder manchmal auch die weiße Rasse in ihrem Bestand bedroht wird durch Radioaktivität. Und das haben die ganz unverblümt und offen so präsentiert. Ich kann mich erinnern an den 1980/81. Da lagen an Infoständen auch bei den Grünen noch die Flugblätter vom Weltbund zum Schutz des Lebens von Herrn Haferbeck aus zu dem Thema. Also da gab es überhaupt keine wirklich kritische Auseinandersetzung. Die wurden dann als Wertkonservative, das war so das Schlagwort, Linke und Wertkonservative arbeiten zusammen. Also Haferbeck, dieser Nazi, der immer war, auch wenn er zwischendurch ein bisschen Kreide fressen musste, das hätte man wissen können. Also die erste Studie, wo Haverbecks NS-Karriere dargestellt wurde, ist glaube ich von 1967. Also da haben schon Teile der Linken beide Augen zugemacht, um auf diese Art und Weise zu kooperieren. Ja, da sprichst du eine wichtige Figur an, die Familie Haverbeck zum Beispiel. Es gibt ja die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck, die jetzt mit weit über 90 Jahren immer wieder in Haft kommt, weil sie nicht von der Holocaust-Leugnung abrückt. Und mit ihrem Mann zusammen hat sie das sogenannte Collegium Humanum damals gegründet, eine Keimzelle vieler anthroposophischer Initiativen der Christengemeinschaft der Rudolf-Steiner-Kirche, biodynamischer Forschung, war auch eine Keimzelle der Grünen. Und ja, Berner Georg Haverbeck war Nationalsozialist, der war Priester der Christengemeinschaft und NS-Funktionär, sagte ich schon. Da durften auch andere Holocaust-Leugner wie der Waldorf-Lehrer und Holocaust-Leugner Bernhard Schaub auftreten. Und trotzdem durfte Haverbeck Mitglied der anthroposophischen Gesellschaft sein und ab 1950 auch in der Christengemeinschaft sein und noch bis in die 80er im anthroposophischen Urachhaus veröffentlichen. Also da war nicht viel mit Distanz zu den Extremrechten. Die Passage in deinem Buch hat mich daran erinnert, wie die Dreigliederungsbewegung heute aussieht. Und ich habe dazu einen Artikel in meinem Blog geschrieben. Da geht es vor allem darum, dass diese Dreigliederer immer wieder fordern, dass man Toleranz für rechtsextreme Meinung haben soll. Zum Beispiel gibt es da den Filmemacher Rainer Schnurre, der einen Film vorgestellt hat von "Vor dem Sturm". Also "Der Sturm kommt bald", das ist der Film "Vor dem Sturm" und der fordert Akzeptanz für Anthroposophen vom rechtsextremen Rand oder von Aktivisten wie Caroline Sommerfeld von der Identitären Bewegung aus dem Umfeld von Götz Kubitschek, für Martin Martin Barkhoff, der auch mal bei der Anthroposophischen Gesellschaft war und beim Waldorfbund, glaube ich. Thomas Meyer, dieser Waldorf-Lehrer, der diese rechte esoterische Zeitschrift der Europäer rausbringt. Oder auch Axel Burkhardt, der im Kopp-Verlag veröffentlicht und antisemitische Postkarten verteilt. Also die sollen doch bitte alle weiterhin dazugehören. Und das Krasseste, was ich gefunden habe, dass die soziale Dreigliederung beworben wird mit einer Postkarte, darauf ist eine Hand zu sehen, die so Marionetten führt. Die Hand hat einen teuren Anzug an, das sieht man, hat lange spitze Fingernägel und diese Hand lenkt einen Fotografen, einen Wissenschaftler und eine Ärztin im weißen Kittel. Das heißt, unsere Presse, unsere Medien sind gesteuert, unsere Wissenschaft ist gesteuert, unsere Medizin ist gesteuert von von irgendwelchen finsteren Strippenziehern. Und gerade dieses Bild ist ein eins zu eins Verweis auf die NS-Propaganda, in denen dann der böse Jude als Strippenzieher immer wieder als Bild kam. Und dass das heute noch, also in den 2020er Jahren, heute noch die soziale Dreigliederungsbewegung so von Rechtsextremen dominiert wird, das hat mich sehr schockiert. Ist das für dich verwunderlich, Peter? Verwunderlich nicht, aber ich würde mal so sagen, der Ansgar Martin hat vor einiger Zeit in einem Artikel geschrieben, dass man im Grunde genommen diese Leute, die sich im anthroposophischen Kosmos bewegen, in drei Fraktionen aufteilen kann, also idealtypisch aufteilen kann. Das sind die Pragmatiker, die sind in erster Linie an den Projekten, aus welchen Gründen auch immer, die finden die Projekte gut. Dann gibt es so eine eher linksliberal-grüne Szene, die sich vor allen Dingen auf Steiner und seine Freiheitsphilosophie bezieht. Also eigentlich diese ganzen Sachen, die er geschrieben hat, als er noch nicht Esoteriker war, wie Philosophie der Freiheit. Der ist ja erst ab 1902 ungefähr Esoteriker. Vorher ist er ein idealistischer Philosoph, bürgerlicher idealistischer Philosoph. Und dann gibt es die dritte Fraktion, die sozusagen die Orthodoxen sind. Und an den Orthodoxen dran der rechte Rand. Und das stimmt, nur das Problem ist, dass diese linksliberale Fraktion, die zum Beispiel auch den Vorstand des Bundes der Waldorfschulen, würde ich mal sagen, jetzt einige Zeit lang auch dominiert hat, die haben ja auch eine Broschüre rausgebracht zu den Reichsbürgern und haben da eingegriffen an einzelnen Schulen. Diese Broschüre ist okay, das ist sehr brauchbar, die ist gut, nur das Problem ist, dass diese linksliberalen Anthroposophen sich niemals kritisch mit Steiner auseinandersetzen, sondern dann immer zurückzucken und so ähnlich wie du das vorher nochmal zitiert hast, wie die Holländer das gemacht haben, sagen, ja, da gibt es ein paar problematische Passagen in Steiners Werk, So, paar Ausrutscher. Sie setzen sich nicht mit dieser Weltanschauung insgesamt auseinander. Und deswegen in Zeiten wie diesen, wo wir Krisen haben und wo wir eine Rechtsentwicklung haben, bildet sich das sofort, bildet dieses anthroposophische Universum da sofort einen Resonanzraum. Weil man sich nicht kritisch mit diesen Fragen auseinandergesetzt hat, knallt es dann immer voll rein. Das heißt jetzt nicht, dass die alle nach rechts gehen. Also auch bei Corona hat man ja sehen können, dass es da riesen Auseinandersetzungen gab an einzelnen Schulen. Aber andererseits eben auch, wie stark dann auf einmal dieser orthodoxe und rechte Flügel wieder wird. Also es gab natürlich aus der anthroposophischen Szene durchaus, also die Waldorfführung hatte ich den Eindruck, die bemüht sich möglichst nach außen so ein neutrales Bild abzugeben. Da gab es ja mal dieses "Wir entscheiden nicht über medizinische Fragen". Also wir halten uns da raus, war da eigentlich die Botschaft. Und auf der anderen Seite, wenn du dir die Zeitschrift "Die Drei" angeschaut hast, also die von der Deutschen Anthroposophischen Gesellschaft, da dominieren die Orthodoxen. Das war ganz nah dran an der Querdenker-Szene. Und auch in der Zeitschrift "Erziehungskunst" waren viele, viele Beiträge dann doch wieder geprägt von dem, was man als orthodox bezeichnen kann. Das heißt, ideologieprägend für diesen ganzen Laden sind nach wie vor die Orthodoxen. Und die Voraussetzung wäre ja eigentlich, eine fundamentale Auseinandersetzung mit Steiner innerhalb der anthroposophischen Gesellschaft. Das Problem ist, wenn sie das machen, dann bleibt von dem Laden ja nichts mehr übrig. Weil eine Ideologie, eine Richtung, die aufgebaut ist auf den hellseherischen Fähigkeiten einer einzelnen Person. Also wenn du das in Frage stellst, was ja per se schon irrsinnig ist, an Hellseherei zu glauben und darauf sowas aufzubauen, aber wenn du das in Zweifel ziehst, dann bricht natürlich alles zusammen. Dann bricht das Kartenhaus zusammen. Dann bricht das Kartenhaus zusammen. Und insofern, wie gesagt, ich versuche immer, und ich betone es immer wieder, ich will nicht die Leute alle in eine rechte Ecke stellen. Aber, und ich erkenne auch an, wenn da versucht wird, wie die das mit ihrer Broschüre gemacht haben, da nach rechts eine Abgrenzung hinzukriegen. Aber das Ganze ist immer ein Kartenhaus, solange man sich nicht wirklich mit der Lehre, mit der Weltanschauung und ihren Voraussetzungen auseinandersetzt. Und deswegen ist meine Prognose, je weiter diese Gesellschaft nach rechts rückt, wie wir das jetzt gerade erleben, desto stärker werden innerhalb der Anthroposophie auch diese rechten Tendenzen wieder zum Vorschein kommen. Lena? Ich kann mir vorstellen, dass Menschen, die den Podcast hören, sich vielleicht sowas denken, also gerade die, die sich für Waldorfschulen zum Beispiel interessieren, denken könnten, dass das alles gar nicht so viel mit der gelebten Realität in so anthroposophischen Einrichtungen zu tun hat. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch kommt so als Argument, so wie es oft kommt, naja, Anthroposophie wird nicht gelehrt, also das alles ist so ein Bereich, der vielleicht unabhängig ist von der Pädagogik. Und da wollte ich noch mal einwerfen, dass zum Beispiel ich neulich gerade einen Podcast gehört habe von einem ehemaligen Waldorfschüler, der hat erzählt, da ist der Omnibus für direkte Demokratie zu denen an die Schule gekommen und hat da so über soziale Treitgliederung aufgeklärt. Daraufhin haben mehrere Schüler*innen der 13. Klasse kurz vor Ende ihr Abitur abgebrochen, die Schule ohne Abschluss verlassen und sind sozusagen in die Welt gezogen und wollten jetzt was Alternatives machen. Und es gibt ja auch so Also recht klein, aber da gibt es auch so verschiedene Initiativen junger Menschen, die so eigene alternative Bildungsabschlüsse entwickeln wollen, weg von Universitäten hin zu eigenen Berufsentwürfen und die da sehr aktiv sind. Also es ist schon so, dass Menschen immer noch neu davon auch überzeugt werden, geprägt werden. Auch mir ist es immer wieder begegnet, auch in anthroposophischen Behindertenhilfe-Einrichtungen, wo ich war, wo dann plötzlich an der Tafel, wenn man in den Konferenzraum kommt, so ein dreigegliederter Mensch abgebildet ist mit Denken, Fühlen, Wollen. Es schwebt überall und führt überall herum. Ich wollte nochmal ein bisschen zurückgehen. Es ging eben um rechte und linke Ideen in der Anthroposophie und so einen Anspruch an Neutralität. Und ich glaube, ich finde diesen Anspruch an Neutralität auch deswegen so problematisch, weil ich selbst erlebt habe, dass es halt keinen Schutz gegen Diskriminierung in diesen anthroposophischen Räumen gibt. Also das ist so eine sehr theoretische Debatte, in der Menschen, die von rechten Ansichtsweisen dehumanisiert werden, eigentlich gar nicht da sein können und eben auch nicht dagegenhalten können. Und ich glaube, das führt auch dazu, dass das Ganze immer weiter nach rechts abdriftet, beziehungsweise sich Menschen aus diesen Räumen zurückziehen, die sich da nicht mehr sicher fühlen und dann nicht gegenhalten können. Also genau, ich finde, dieses rechte und linke Ideen ist halt irgendwie dann auch nicht komplex genug gedacht, weil eben diese rechten Ansichten, wie wir jetzt gerade um nochmal auf den Drachen von Itzehoe zurückzukommen gesehen haben. Also das ist ja wirklich emotional auch extrem anstrengend für Menschen, die von dem, was da eben irgendwie, dem da eine Bühne gegeben wird, einfach persönlich betroffen sind. Vielleicht muss ich zu einen Einschätzungen nochmal kurz sagen. Gerade war das Michaeli-Fest, an dem traditionell Waldorfschüler*innen das Böse bekämpfen und selber das Gute darstellen sollen und das äußert sich in vielfältigen Aktionen. Zum Beispiel werden Schwerter gebastelt oder ein großer Drache erstellt aus Pappmaché. Und dieses Jahr war der Drache in der Waldorfschule Itzehoe sowohl mit einem rosafarbenen T-Shirt bekleidet oder einem Fußballtrikot mit der Aufschrift "Gay Didas". Außerdem hatte der einen pinken Barbie-Hut auf und es stand so ein bisschen in der Kritik, oder so habe ich das aufgefasst, dass damit das Voke, linke, kapitalistische, aber auch das verweichlichte, unmännliche und schwule oder LGBTQ-artige dort als Böses ausgetrieben werden und in Brand gesetzt werden sollte. Und das haben die auch gemacht. Das hat große Auswirkungen und zieht gerade große Kreise. Ich will noch mal zurückbiegen zu der Dreigliederung, was Lena sagte. Ja, Ja, es gibt viele neue, junge Anthroposophinnen, wie das Team des Films "Bildungsgang" rund um Simon-Marian Hoffmann. Ein, ja ... Das ganze Team ist eigentlich aus ehemaligen Waldorfschüler*innen, die nach der Schule beschlossen haben, erst mal nix zu machen, sich selber zu finden, ein bisschen Philosophie zu betreiben. Die möchten gerne das Bildungssystem revolutionieren, indem Noten abgeschafft werden sollten, Abitur. Und man solle sich selber ein Zeugnis ausstellen, mit dem man selber seine eigenen Fähigkeiten einschätzt. Und interessanterweise ist diese Gruppe oder diese Gruppierung auch sehr, sehr nah am rechten Rand. Unter anderem trat der Gründer dieser ganzen Szene, der Simon Marian Hoffmann, bei dem rechtsesoterischen Pax Terra Musica Festival auf. Und da haben wir wieder die ideologische Klammer, die auch so ein bisschen, die auch Peter Biel ansprach, dass auch ganz linke oder ganz rechte Mindsets und Haltungen sich da in einer gewissen ideologischen Klammer treffen. Und dass dann immer, wenn es staatskritisch wird, wenn es antiamerikanisch wird, wenn es um diesen libertären Freiheitsbegriff geht, da ist man dann ganz schnell auf einer Wellenlinie. Und ja, gerade jetzt, wo wir hohe Wahlergebnisse befürchten müssen für die rechtsnationale sogenannte AfD und wo überhaupt der Trend sehr, sehr stark nach rechts geht in der Politik, machen mir solche Bewegungen dann noch mehr Sorgen. Das ist wie das gelebte Hufeisen. Ganz links und ganz rechts begegnen sich an einem gewissen Punkt. Und ich glaube, das ist recht schwer zu verstehen, warum das so ist. Peter, könntest du das noch mal knapp einordnen? Wo treffen die sich? Wo treffen die sich? Naja, ich glaube, es gibt innerhalb, es gab und es gibt innerhalb der Linken, und das ist ja in gewisser Hinsicht unvermeidlich, natürlich immer Diskussionen darüber, was macht Kapitalismus aus, wie organisiert man sich, wie schätzt man den Staat ein und so weiter und so weiter. Da gibt es immer verschiedene Strömungen. Und es ist halt eine starke Strömung und das sieht man ja auch an dem Zuspruch, den die Sarah Wagenknecht hat, die als Linke wahrgenommen werden, sich selber auch so sehen, aber tatsächlich schon längst sehr weit nach rechts abgedriftet sind und so eine kleinbürgerlich-mittelständische Position vertreten. Also die eigentlich keinen Begriff mehr von Kapitalismus haben. Kapitalismus ist das Betriebssystem der Welt, in der wir leben. Basiert eben darauf, dass die allergrößte Mehrheit der Bevölkerung Lohnarbeit leisten muss, um über die Runden zu kommen, während die anderen versuchen eben auf dem Markt mit Waren über die Runden zu kommen und zu expandieren, untereinander im Konkurrenzkampf stehen. Und, also, links heißt eigentlich, dass man einen klaren Begriff davon hat, was Kapitalismus eigentlich ist und was es ausmacht und wie er funktioniert. Und dann gibt es diese ganzen verschiedenen Strömungen, die alle so ein bisschen links tun, die bestimmte Sachen aufgreifen, aber tatsächlich es sofort in ein rechtes Framing reinstehen, du hast ja jetzt gerade auch wieder das Beispiel gebracht mit den Verschwörungstheoretischen Geschichten, sind da bestens geeignet, dann ist es eben nicht der Kapitalismus als Mechanismus, sondern es sind die Heuschrecken. Es sind die amerikanischen Heuschrecken. Das heißt, da wird es dann verschoben auf das Ausland, das sind ausländische Konzerne, oder im letzten, es ist die jüdische Weltverschwörung. Statt dass man die Strukturen anschaut und überlegt, wie funktionieren diese Strukturen, wie könnte man diese Strukturen verändern, wird auf eine verquere Art und Weise das so projiziert auf bestimmte Gruppen, manchmal auch personalisiert, wobei so richtig personalisiert dann auch wieder nicht. Also Kompakt zum Beispiel hat neulich den Rupert Stadler verteidigt, einen der Hauptverantwortlichen für den Dieselabgasskandale. der wurde als opfer einer ausländischen verschwörung gegen die deutsche autoindustrie dann da in den schutz genommen also so personell sobald es um den deutschen kapitalisten geht so personell so personalisieren wollen sie es dann auch wieder nicht es geht immer darum es ins ausland abzuschieben deswegen auch die rede von den multinationalen konzernen vom großkapital Sarah wagenknecht lieblingsbegriff ist die giganten Und dabei kann natürlich auch ein mittelständisches Unternehmen eine Giftschleuder sein, Leute ausbeuten, über die Maßen hinaus. Wenn man sich anguckt, wie die Saisonarbeiter, wie Bauarbeiter und Pflegepersonal bei uns behandelt werden, viele von diesen Saisonarbeitern sind auf Bauernhöfen oder sind bei mittelständischen Bauunternehmen angestellt und denen werden die Löhne vorenthalten. Kapitalismus ist eine Struktur und nicht die Gier und die Schlechtigkeit einzelner Personen, vorzugsweise ausländischer Herkunft. Und ich glaube, das ist der entscheidende Punkt. Und das sind eigentlich Leute, die zwar irgendwie links blinken mögen oder so wahrgenommen werden, aber tatsächlich schon sehr weit rechts bewegen. Und weil ich das vorher sagte, also bei diesen Waldorfleuten im Vorstand, und ich meine, das machen sie ja richtig, wenn sie sich von Reichsbürgern abgrenzen, da ist ja gar nichts dagegen zu sagen. Und es ist ja auch bezeichnend, dass sie von oben massiv intervenieren mussten in einigen Fällen. Also da sieht man ja, wie die Stimmung an manchen Schulen auch ist. Das heißt, dieser Vorstand ist fortschrittlicher und demokratischer als die Schulgemeinschaft einiger Einrichtungen. Aber das sind natürlich im Grunde genommen auch zutiefst bürgerliche Menschen. Das sind keine Linken im Sinn von marxistischer Analyse oder Klassenkampfvorstellung oder irgendeiner Vorstellung, dieses System zu überwinden, weil sie tragen es ja mit. Und das dürfen wir auch nicht vergessen, also die Waldorfschule und auch diese Privatuniversität Herdecke, das ist Neoliberalismus. Also Privatschulen so voranzutreiben, Privatuniversitäten aufzubauen, das kann kein linkes Anliegen sein. Denn das bedeutet, ich bevorzuge die Leute, die sich Bildung leisten können. Ja, das zieht sich durch mehrere Bereiche an. Auch wenn ich mir vorstelle, dass die Waldorfschule auch eine Privatschule ist, mit entsprechenden Schulgeldern, die zwar auf dem Papier Schulgeldtabellen haben, sodass theoretisch auch die alleinerziehende Sozialgeldempfängerin dort aufgenommen werden könnte. Aber de facto ist es nicht so. Es ist eine weiße, wohlhabende Schule für vorwiegend Akademiker und sehr, sehr rein weiß. weiß, also 99 Prozent der Elternschaft haben einen deutschen Pass. Und das kommt ja auch nicht von ungefähr. Und in diesen Nischen macht man es sich ja gemütlich. Da kann es ja gar nicht darum gehen, eine gute Schule für alle zu schaffen, sondern dann nur für die Klientel, die sich auf die Anthroposophie einlassen will und dafür Geld zahlen möchte. Und urdemokratisch empfinde ich das auch nicht. Jetzt sprachst du vom Bund der Freien Waldorfschulen. Ich muss immer noch einschränken, dass es da auch Menschen gibt, wie zum Beispiel den, oder gab, wie den Anthroposophen Lorenzo Ravalli, den ich überhaupt nicht im linksliberalen Raum vermute, sondern im Gegenteiligen. Dem wird seit 20 Jahren vorgeworfen, rassistische Standpunkte Steiners im unzumutbaren Maße zu rechtfertigen, schrieb die Welt. Und der begang ein Buchprojekt mit dem NPD-Spitzenfunktionär Andreas Molau Und durfte trotzdem, ich weiß gar nicht, 25 Jahre rund der Redakteur des offiziellen Magazins des Bundes der Freien Waldorfschulen sein. Also mit den eigenen Rechten in Anführungszeichen geht man da sehr, sehr milde um und toleriert die weg. Ja, wir haben gerade gehört von dem Reichsbürgertreffen an der Waldorfschule Coburg letztes Jahr. Da haben sich 55 Reichsbürger*innen, Klandestim heimlich getroffen in der Waldorfschule. Da angeblich hätte ein Hausmeister denen Tür geöffnet, damit die da ihre Show abziehen. Und erst vor wenigen Wochen ist ein anthroposophischer Arzt mit Verbindung zu Neonazisekten und identitärer Bewegung und so weiter hier in Nordrhein-Westfalen aufgeflogen. Also diese Beziehung zwischen vermeintlich freiheitlichen Anthroposoph*innen und Reichsbürgern, Identitären, Nationalisten, die ist nach wie vor da und die ist auch nach wie vor stark. Wenn wir jetzt von diesen drei Gruppen ausgehen, die es geben könnte in der Anthroposophie, würde ich behaupten, dass die Gemäßigten und die Linksliberalen sich gerade im Zuge dieser ganzen Pandemie- und Querdenkerproblematik eher zurückziehen. Dass die weggehen und ja, naturgemäß sind sowieso die Rechten die Lauteren, verbreiten sich stärker, machen lauter Propaganda und die Gemäßigten, die gehen in dem Ganzen so ein bisschen unter. Ich habe nur das Gefühl, wenn jetzt liberale Menschen sich der Anthroposophie abwenden, dann ist es so, als ob die Suppe noch konzentrierter geköchelt wird. Also was dann noch bleibt, das sind dann die faulen Erbsen, die dann vielleicht doch eher zum rechten Rand gehören. Kannst du das verstehen, wie ich das meine? Ja, ich teile es im Wesentlichen. Ich meine, als ich als Schüler und als politisch interessierter junger Mensch die ersten Bücher über Waldorf, da lief das im Rowold Verlag unter Rowold Alternativ. Das wurde ja tatsächlich als was Linkes, irgendwie Fortschrittliches gegenüber der Staatsschule, wie dieser Kampfbegriff heißt, dargestellt. Und es gibt ja auch einen Haufen Leute, der Lorenzo Ravalli, den du erwähnt hast, ist ja einer davon, der kommt ja aus einer Schweizer linksradikalen marxistischen Gruppe ursprünglich. Da gab es einige von denen, die Leute, die sozusagen in den 70er Jahren in linken bis linksradikalen Organisationen waren, dann da sozusagen abgeschworen haben und dann bei der Anthroposophie gerandet sind. Und ein Teil von denen, würde ich eben sagen, machte dann halt schon so dieses liberale Spektrum aus. Und jetzt, wo die Gesellschaft nach rechts geht, sieht man diese Tendenzen auch wieder. Und dieses Engagement gegen die Reichsbürger von diesem Vorstand war ja immer getragen vor dem Hintergrund, dass ihnen klar war, wie stark der Zuspruch ist an den einzelnen Schulen zu Verschwörungsideologien und Reichsbürgern. Das war ja keine Broschüre nach außen, sondern nach innen. informiert Euch und das war der Versuch sozusagen eine Brandmauer, um diesen Begriff zu verwenden, da eine Brandmauer irgendwie zu ziehen. Und wie gesagt, ich glaube, dass dieser Versuch, der ist zwar ehrenwert und schön, aber der konnte nicht von Erfolg gekrönt sein, weil man sich geweigert hat, an die Wurzel der Sache zu gehen und die Wurzel ist in diesem Fall Steiner und die Anthroposophie als Weltanschauung. Und jetzt kommt sozusagen das, was man da die ganze Zeit so verdrängt hat, kommt wieder hoch. Und du hast ja gesagt, es gab immer noch diesen Ravani, der da Redakteur von Erziehungskunst war. Wenn du dir die ideologischen Beiträge auch in der Erziehungskunst anschaust, dann sind die, es wird immer wieder alles wiedergekaut. Karma, Reinkarnation, Temperamente. Da ist ja nichts davon, es ist wirklich irgendwann aufgearbeitet. Aufarbeiten hätte geheißen, man überwindet es. Man schmeißt es über Bord. Was bleibt denn da noch übrig? Ja, da bleibt sehr, sehr wenig übrig, meines Erachtens. Weil wenn man zum Beispiel die Anthroposophie aus der Waldorfschule rausnimmt, dann bleibt nicht viel übrig als ein paar antiquierte Unterrichtsmethoden, die auch heute keinen Stellenwert mehr haben. Ja, ich empfinde das auch so. Also der Bund der Freien Waldorfschulen hat sich auch gegen Querdenken positioniert. Die Tagesschau hat darüber berichtet, der Bund der Freien Waldorfschulen sagte, das wäre eine Fehldeutung des waldorfischen Freiheitsgedankens, wenn man das jetzt als Recht auf Maßnahmenverweigerung sieht. Wir hatten sehr große Probleme mit Impfgegnern, Querdenker*innen, Maßnahmengegner*innen, Maskengegner*innen an den Waldorfschulen. Dann kam die Worthülse von der Fehldeutung. Die Tagesschau sagte dazu, diese Fehldeutungen werden auf der eigenen Homepage befeuert. Denn wenn man sich die Corona-Ratschläge beim Bund der Freien Waldorfschulen anschaut, dann ist da viel esoterischer Quatsch dabei. Die Eurythmie gegen Corona zur Vorbeugung, Globuli aus dem Weltall zu nehmen aus Kometen gegen die Krankheit und auch jede Menge verschwörungsideologischer Quatsch, der verlinkt wurde. Nicht zuletzt durfte der Corona-Leugner Wolfgang Wodak einen Leitartikel schreiben zu Beginn der Pandemie. Das heißt, was die Gutes aufbauen mit der einen Seite, reißen sie auf der anderen Seite mit dem Hintern wieder um. Ja. Und diese liberalen Strömungen, die scheinen da auch mal einen Artikel platzieren zu dürfen, aber unterm Strich, glaube ich, dominiert dann da die andere Seite. Also wir haben festgestellt, Dreigliederungskonzept ist so alt, wie es immer noch aktuell ist. Also irgendwann 1917 bis heute, seit über 100 Jahren steht die Idee im Raum, ist die Basis vieler Betriebe und Wirtschaftsunternehmen der GLS Bank und der Waldorfschule. Sie ist antidemokratisch, keine linke Erfindung, sondern zementiert eher bestehende Ungerechtigkeiten. Und wir würden uns zum Schluss immer gerne wünschen oder vorstellen, dass wir einen Wunsch für die Zukunft äußern, wie es anders laufen könnte, oder ein Fazit ziehen unter das Thema soziale Dreigliederung. Da würde ich gerne so als Abschlusswort erstmal unser Team zu Wort kommen lassen. Hattet ihr Gedanken zur Dreigliederung, Cosmo? Ja, ich glaube, ich bin ein großer Fan von Ehrlichkeit. Ich finde ehrlich scheiße sein immer besser als heimlich scheiße sein. Und ich glaube, mein Wunsch richtet sich vor allem an die Öffentlichkeit, dass da genauer hingeguckt wird und hinter diese Begriffe, die in anthroposophischen Kreisen so um sich geschmissen werden, mal geschaut wird und geguckt wird, wofür stehen die eigentlich genau. Und so in Bezug jetzt auf meinen Demeter-Hintergrund würde ich mir wünschen, dass Menschen klar wird, dass dort genauso ausgebeutet und kapitalistisch gearbeitet wird, wie woanders auch. Es wird halt einfach anders verpackt und vermarktet. Sehr gut. Liebe Lena. Ja, mein Wunsch richtet sich, glaube ich, vor allem an so Menschen aus meinem Milieu, sage ich jetzt mal, irgendwie kleinenbürgerliche Linke, Leute, die ihre Kinder auf Waldhofschulen schicken. Ich würde mir wünschen, dass wir aufhören, bestimmte Unternehmen als die Guten zu sehen und erst recht natürlich anthroposophische oder irgendwie davon auszudrehen, dass Öko-Betriebe ausgenommen sind von bestimmten Schrecklichkeiten und dass das alles nur woanders stattfindet. Das gilt natürlich genauso für Waldaufschuhen und Gewalt und für alles Mögliche. Aber dass wir da mal mehr Selbstkritik üben. Da müssen wir vielleicht die rosa Brille absetzen oder die grüne Brille. Ich weiß es nicht. Ja. Dann soll das letzte Wort zur Dreigliederung auch gerne der Peter haben. Wünsche vielleicht für die Zukunft oder ein Fazit zur Dreigliederungsdebatte? Naja, also, ich hab vorher schon mal gesagt, die Dreigliederung und es gibt jede Menge andere Ideen, die immer wieder mal Konjunktur haben. Gemeinwohlökonomie ist auch so eine Geschichte, die dann immer wieder hochkommt. Ein bisschen ist es diese Comments-Sache. Wenn man jetzt mal positiv versucht, das zu sehen, dann sieht man, aha, anscheinend ist bei vielen Leuten angekommen, dass irgendwas schräg läuft und schief läuft und dass es eigentlich so nicht weitergehen kann und dass sie nach Alternativen suchen. Und ich würde mir halt wünschen, dass mehr Leute wirklich sich kritisch solche Dinge anschauen und einfach sehen, dass die alle letztlich in dem gegebenen Rahmen verbleiben und das nicht aufheben. Und das andere ist, so Leute wie ihr oder ich oder viele andere Leute, die Antifa-Arbeit machen, das ist eine absolut notwendige Arbeit, aber es ist eine defensive Arbeit. Wir versuchen, was abzuwehren. Wir versuchen, den Rechtsruck dieser Gesellschaft zu verhindern. Das ist eine wichtige Arbeit, aber ich glaube, was wir auch brauchen ist, oder was die Linke insgesamt braucht, ist schon ein Bild davon, wie könnte eine Gesellschaft anders ausschauen. Also wie könnten fast acht Milliarden Menschen auf diesem Planeten miteinander leben, ohne ständig jeden Tag in Konkurrenz gesetzt zu werden? Das wären die Aufgaben, wenn wir, ohne dass wir jetzt da so eine Utopie haarklein auspinseln, mit viel Liebe zum Detail, aber ich glaube, was wir wirklich brauchen, ist wenigstens so eine Rahmenvorstellung, wie es besser sein kann. Weil es ist nur das ist etwas, was Leute vielleicht mobilisieren kann, wo man Leute damit gewinnen kann und womit man auch wieder in die Offensive kommt. Das wäre mein Wunsch. Ja, ein bisschen mehr daran zu arbeiten und miteinander zu diskutieren und zu streiten und vielleicht am Ende was Positives formulieren zu können, für das es sich dann wirklich lohnt zu kämpfen. Großartig. Dann sage ich herzlichen Dank für deine Einschätzung, Peter, auch für deine Zeit und deine Expertise. Und natürlich wie immer herzlichen Dank an alle unsere Zuhörer*innen, die sich für unsere Themen interessieren. Schreibt uns gerne eure Ideen, eure Fragen, eure Kritik zur Sendung. Und wenn ihr uns eine große Freude machen wollt, dann hinterlasst auch eine Bewertung für unseren Podcast dort, wo ihr ihn gefunden habt. Damit sagen wir für heute herzlichen Dank fürs Zuhören und Tschüss von allen. Tschüss. Tschüss. Ja, tschüss. Ciao. Ciao. Ciao. Und damit es nicht bei dem aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat bleibt, hier noch einmal die lang Version. Daher sollten diejenigen Menschen, die nun tatsächlich auf irgendeinem Gebiet des wirtschaftlichen Lebens stehen, doch heute wahrhaftig nicht über untergeordnete Fragen sich unterhalten, sondern sie sollten sich darüber unterhalten, wie die verschiedenen wirtschaftlichen Berufsstände, die wirtschaftlichen Assoziationen überhaupt loskommen von dem, was politischer Staat ist, wie sie sich aus ihm herausschälen können. Solange zum Beispiel die Techniker, solange diese und jene Leute nichts anderes denken, als Einrichtungen zu treffen, die am besten hineinpassen in das gegenwärtige Staatsleben, solange kommen wir keinen Schritt weiter. Erst dann kommen wir vorwärts, wenn darüber diskutiert wird, wie kommen wir los? Wie gründen wir ein wirklich freies Wirtschaftsleben, in dem nichts organisiert wird von oben herunter, sondern assoziiert wird, wo sich Berufsstände an Berufsstände sachlich angliedern? Es ist ja noch nicht einmal das allermeisterste ABC von der Dreigliederung in den praktischen Diskussionen drinne, sondern immer wieder wird unter der Rücksichtnahme auf die gegenwärtigen Verhältnisse weiter gequacksalbert und herumgeredet. Aber all dieses Herumreden führt zu nichts heute. Erwehren wir uns der Leute, die immer wieder und wiederum sagen, wie ist es denn mit dem und jenem? Wir werden erst anfangen, vernünftig zu reden, wenn wir ein Stück weiter sind in der Dreigliederung, wenn wir wirklich so drinnen stehen in dieser Propaganda für die Dreigliederung, dass eine genügend große Anzahl von wirtschaftenden Menschen wissen, wir können überhaupt nichts Vernünftiges reden, solange wir noch immer darauf kalkulieren, dass uns das Wirtschaftsleben durch Staatseinrichtungen gemacht wird. Nur in dem Maße, in dem man drinnen steht in einem freien Wirtschaftsleben, das nichts zu tun hat mit Politik, kann man erst vernünftig reden, vorher ist es Unsinn. Ebenso kann man nicht über Reformen des Geisteslebens sprechen, Solange man sich nicht klar ist, dass man überhaupt nicht anfangen kann, darüber sich zu unterhalten, ehe man nicht in einer freien, geistigen Organisation drinnen steht. Man muss sich wenigstens bewusst sein, solange man in einer geistigen Organisation drinnen ist, die vom Staate abhängt, solange muss man Unsinn reden, solange kann man nicht reformieren. Sehen Sie, damit ist scharf der Punkt bezeichnet, auf den es ankommt. Es handelt sich nicht um Kleinigkeiten, sondern um Großigkeiten. Und je mehr man das einsehen wird, desto mehr wird man gerade auf dem Gebiet der Lebenspraxis erreichen. Das ist von Rudolf Steiner aus dem Studienabend des Bundes für Dreigliederung des Sozialen Organismus aus dem Jahre 1920, Gesamtausgabe Bande 337a. [Musik]

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