WALDORFSALAT

Der kritische Podcast zur Anthroposophie

#5 mit Natascha Strobl: Völkische Esoterik

05.01.2023 65 min

Video zur Episode

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Zusammenfassung & Show Notes

Über Verschwörungsdenken, völkische Rechte und das Aufwachsen in Parallelgesellschaften.

In dieser Folge zu hören sind:

Gast: Natascha Strobl

Moderation: Oliver Rautenberg alias Anthroblogger

Aus dem Team #ExWaldi: Sarah, Katharina

Technik: Steffen

Wir sprechen in dieser Folge mit der österreichischen Politikwissenschaftlerin und Autorin Natascha Strobl über Verschwörungsdenken, völkische Rechte und das Aufwachsen in Parallelgesellschaften.

Content-Notes:

Rassismus, Antisemitismus, völkische Esoterik, Manipulation von Kindern

Im "aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat" spricht Steiner von Drahtziehern, "dunklen Mächten" und dem "Großkapitalismus", der aus der Demokratie ein "Werkzeug zur Ausbeutung der Gesamtheit" gemacht habe. Das sind antisemitische Codes. Diese Einordnung fehlt im Podcast. Wir bitten, das zu entschuldigen.

 

Zur nachträglichen Einordnung möchten wir diese Links ergänzen:

 

Antisemitismus in Verschwörungstheorien 

https://www.bs-anne-frank.de/mediathek/blog/antisemitismus-in-verschwoerungstheorien

 

Der antisemitische Code des Strippenziehers  https://antisemitismus.wtf/strippenzieher

 

Verschwörungsmythen sind seit jeher strukturell antisemitisch aufgeladen: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/verschwoerungstheorien-2021/339288/verschwoerungsmythen-und-antisemitismus/



Wir reden über:

  • 00:00:00 Prolog
  • 00:00:45 Intro
  • 00:02:10 Was ist eigentlich “rechts”?
  • 00:04:35 Das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat
  • 00:06:10 Maschinelles, mechanisches Weltbild
  • 00:08:30 Völkische Bilder in der Kindheit
  • 00:12:45 Kleidung
  • 00:20:50 Parallelgesellschaften
  • 00:23:10 Antimodernismus und Egalisierung der Gesellschaft
  • 00:30:30 Hierarchien an Waldorfschulen
  • 00:34:29 Sind das Nazis?
  • 00:41:09 Manichäisches Weltbild
  • 00:46:30 weitere Esoterik
  • 00:51:31 Freiheit
  • 00:54:39 Fazit - Was kann man besser machen?
  • 00:59:39 Wortsalat - Das Zitat in seinem Zusammenhang



Zu Natascha Strobl:

Kurzbio

https://www.suhrkamp.de/buch/natascha-strobl-radikalisierter-konservatismus-t-9783518127827 

  • Klassenkampf von Oben



Weiterführende Links

Das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat

Quelle: Vierzehnter Vortrag 28. Oktober 1917 

GA-Nr. 177

Wolfgang Purtscheller, österreichischer Journalist und Autor

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Wolfgang_Purtscheller

Viktor Klemperer, zum mechanischen Gesellschaftsbild

http://www.judentum-projekt.de/persoenlichkeiten/geschichte/klemperer/index.php



Offener Brief: Radikale Anthroposoph_innen fordern Akzeptanz für rechte Strömungen in der Anthroposophie

https://twitter.com/anthroblogger/status/1592109355838898177

Klare Kante gegen Rechts in der “Erziehungskunst”

https://www.erziehungskunst.de/artikel/klare-kante-gegen-rechts/aufgaben-der-waldorfschulen-gegen-rechte-angriffe/ 




Das Waldorfsalat-Format:

Ein Gast oder eine Gästin mit Expertise, der “Anthroblogger” Oliver Rautenberg als Moderator und zwei #ExWaldi mit Erfahrungen in anthroposophischen Einrichtungen - das sind die Zutaten für unseren Waldorfsalat.

Wir möchten uns in diesem Podcast kritisch über Anthroposophie unterhalten. In jeder Folge nehmen wir uns einen anderen Aspekt vor - von der Pädagogik über die Landwirtschaft bis hin zur Medizin und Weltanschauung. 

Wir bringen alle unterschiedliche Motivationen, Vorerfahrungen und Hintergründe mit.

Uns eint der Wunsch nach Aufklärung, die Theorie und Alltagspraxis zusammenbringt.

Das Waldorfsalat-Format:
Ein Gast oder eine Gästin mit Expertise, der "Anthroblogger" Oliver Rautenberg als Moderator und zwei #ExWaldi mit Erfahrungen in anthroposophischen Einrichtungen - das sind die Zutaten für unseren Waldorfsalat.
 
Wir möchten uns in diesem Podcast kritisch über Anthroposophie unterhalten. In jeder Folge nehmen wir uns einen anderen Aspekt vor - von der Pädagogik über die Landwirtschaft bis hin zur Medizin und Weltanschauung. 
Wir bringen alle unterschiedliche Motivationen, Vorerfahrungen und Hintergründe mit.
Uns eint der Wunsch nach Aufklärung, die Theorie und Alltagspraxis zusammen bringt.


Allgemeines
Mehr Kritisches über Waldorfpädagogik und Anthroposophie findet ihr auf Twitter, Bluesky und Instagram unter #ExWaldi und #AnthroMeToo. Unter diese beiden Hashtags schreiben   Betroffene in den sozialen Medien über ihre Erfahrungen.
Wir sind gespannt und neugierig auf die kommenden Gespräche.


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Transkript

Ein schönes neues Jahr, liebe Hörerinnen und Hörer. In der jetzt fünften Folge vom Waldorfsalat-Podcast ist das Thema wieder ein bisschen schwerer. Oliver und die ehemaligen Waldorfschülerinnen Sarah und Katharina sprechen mit der wunderbaren Natascha Strobl über Verschwörungsdenken und die völkische Rechte und das Aufwachsen in Parallelgesellschaften. Natürlich gibt's hier auch wieder Inhaltswarnungen. Es geht unter anderem auch um Rassismus, Antisemitismus, völkische Esoterik und Manipulation von Kindern. Hier fällt es mir schwer, viel Spaß zu wünschen. Deswegen wünsche ich einen reichen Erkenntnisgewinn. Und damit gebe ich schon ab an Oliver. Los geht's. [Musik] Hallo und schön, dass ihr dabei seid bei Waldorfsalat, dem kritischen Podcast über Anthroposophie. Im Team Waldorfsalat haben sich ehemalige Waldorfschüler*innen und andere Menschen zusammengefunden, die in der esoterischen Weltanschauung Rudolf Steiners aufgewachsen sind. Und zwei von uns sind heute wieder als Expertin im Studio dabei. Und natürlich haben wir auch eine großartige Gästin. Heute geht es ums Thema Verschwörungsdenken und neue Rechte. Im Waldorfsalat-Studio sind bei uns heute aus dem Team Waldorfsalat die Sarah und die Katharina, sowie in der Technik der Steffen. Hallo Leute. Hallo. Und ich bin Oliver Rautenberg, der Antro-Blogger. Bei uns zu Gast ist heute die österreichische Politikwissenschaftlerin, Publizistin und Expertin für Rechtsextremismus Natascha Strobl. Hallo Natascha, schön, dass es geklappt hat und du bei uns bist. Hallo. Natascha, der Waldorfbund und die Anthroposophische Gesellschaft und die anderen Organisationen, die würden sich immer verwehren gegen eine Vereinnahmung durch rechte Strömungen. Auf der anderen Seite gibt es Publizisten wie den Wolfgang Purtscheller aus Österreich, ein Autor über Bücher über Rechtsextremismus, der sagt, der Steiner war ein Nationalist mit völkischer Prägung und er hätte einen verschwörungstheoretischen Hintergrund. Jetzt reden wir immer über Rechte. Kannst du uns vielleicht eine Definition geben, was ist überhaupt rechts? Es freut mich sehr, dass gleich zu Beginn der Wolfgang Purtscheller zitiert wird, den ich sehr schätze, der leider verstorben vor ein paar Jahren und der sehr sehr wichtig und sehr prägend für mich war. Und er hat das schon sehr genau gesehen, sowohl in der Umweltbewegung, in der ökologischen Bewegung und die Vermischungen mit dem Esoterischen. Und da war er sehr hellsichtig und seine Charakterisierung von Steiner ist sicher ernst zu nehmen. Was ist denn jetzt eigentlich Rechtssextremismus? Ich meine, da können wir jetzt ganz lange darüber reden, weil es natürlich umstritten ist. Was ist rechts und was ist das Extreme? Dann, wie wir ja wissen, ist es gerade in Zeiten wie diesen nicht mehr so klar, wo ist dieser Extremismus nicht eigentlich in der Mitte. Wie gesagt, könnte man lange darüber reden. Das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen einem rechten Gedankenbild und einem linken Gedankenbild ist, dass rechte Ideologien auf Ungleichheit beruhen. Das heißt, ein rechtes Denken beruht darauf, dass Ungleichheit etwas Gutes ist, dass diese Ungleichheit einen Grund hat, der kann von Gott gegeben sein, der kann völkisch begründet sein, kulturell, wie auch immer, was auch immer, aber diese Ungleichheit zwischen Menschen und Menschengruppen als etwas strebenswert. Das wäre links auf Gleichheit, also Gleichheit, politische Gleichheit und weiter anstrebt. Und im Menschenbild, also eine linke Ideologie hat immer ein positives Menschenbild. Menschen sind nicht unvollkommen oder schlecht oder müssen irgendwie gebessert werden, also die Umstände müssen gebessert werden, dann bessern sich auch die Menschen. Und ein rechtes Menschenbild ist immer ein negatives Menschenbild, das heißt der Mensch ist unvollkommen vor Gott oder vor der Nation oder vor was auch immer und muss gebessert werden oder muss dafür auch sühnen. Und da sind wir dann schon sehr nah am esoterischen, wo es auch einfach dieses ganz negative Menschenbild gibt. Ja, das finde ich eine faszinierende Einschätzung. Zum einen wollten wir ja heute über die neuen Rechten reden, aber auch über das Verschwörungsdenken. Und da habe ich eine schöne Stelle bei Rudolf Steiner gefunden, die ich gerne mal vorlesen würde. Das machen wir gerne zur Einstimmung. Und wir nennen das das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat. Die Menschen merken nicht, dass diese Strukturen der Demokratie so sind, dass immer ein paar Menschen an den Drähten ziehen, die anderen aber werden gezogen. Dadurch können dunkle Mächte am allerbesten wirken. Und wenn einer einmal aufwacht, so wird er eben nicht berücksichtigt. Dem Großkapitalismus ist es gelungen, aus der Demokratie das wunderbarste, wirksamste, biegsamste Werkzeug zur Ausbeutung der Gesamtheit zu machen. Das ist von Rudolf Steiner, Vorträge von Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaft aus dem 14. Vortrag, Gesamtausgabe Band 177, Seite 265. Jetzt hören wir hier von Steiner, dem Anthroposophiegründer, dass die Demokratie ein Trugbild ist und dass da hinter dunkle Mächte stehen, die uns an Strippen ziehen. Und das Bild ist dir genauso bekannt sicherlich wie uns, oder? Ja, also es ist faszinierend, wie viel man eigentlich in so ein kurzes Zitat hineinpacken kann. Das Erste, was mir gleich in den Kopf geschossen ist, ist, dass das ein unheimlich mechanisches Bild ist von Gesellschaft und von Politik. Es hat mich an Viktor Klemperer erinnert, der in LTI beschrieben hat, wie die faschistische Sprache und die nationalsozialistische Sprache eine mechanische Sprache ist. Das heißt, Gesellschaft und Politik wurde als etwas Mechanisches gesehen. Also man muss etwas aufziehen oder etwas wird aufgezogen. Und so eine sehr maschinelle Sprache. Und da haben wir genau wieder dieses Mechanische. Also Gesellschaft funktioniert, indem irgendwer einen Strip und zieht. Und die sehen das nicht und dann wird der Vorhang weggeschoben. Das ist ein Bild, ein Menschenbild, das negativ ist. Also Menschen sind nur manipulierbar. Es gibt keine Dialektik, es gibt keine Interaktion, es gibt keine vielfältigen sozialen Dynamiken, sondern es gibt nur die große böse Verschwörung und diese Menschen sind böse, weil sie böse sind. Das ist ganz klassisch für so Verschwörungsdenken. Und natürlich delegitimiert es die Demokratie. Und das ist ja schon, wenn die Demokratie nicht mehr die beste Form des Zusammenlebens ist, ja was denn dann? Das bleibt natürlich jetzt leer, aber dass die Demokratie nicht nur erodiert, oder diese Befunde kann man ja haben, sondern dass sie quasi das Werkzeug der Verschwörung ist, da wird viel abgedeckt. Also die Verschwörung zur Demokratie ist schlecht, die Leute, also man hat auch so ein Geheimwissen, so eine Widerstandserzählung, weil wenn man aufwacht, dann wird man nicht gehört, dann ist man im Untergrund, Dann ist man im Widerstand. All das sehen wir ja auch heute schon. Ja, das klingt wirklich für meine Ohren wie Verschwörungssprech. Und da steckt auch dieses Bild hinter. Deiner sprach da von der spanischen Wand. Also Demokratie ist quasi ein Trugbild oder ein Blendwerk, hinter dem die wahren Absichten denn verborgen bleiben. Und das wundert mich ein bisschen, weil in der Anthroposophie geht es ja ganz viel um Verborgenes, um um versteckte Welten. Und ich sehe hier auch so ein dualistisches Weltbild oder das, was mich an die genostische Strömung der Anthroposophie erinnert. Es gibt den ewigen Kampf des Guten gegen das Böse. Da gibt es quasi das absolut Böse und das absolut Gute. Und die beiden sind ständig in Wettstreit miteinander oder im Kampf miteinander. Und wir sehen das nicht so. Ja, wir hören jetzt das System Waldorfschule oder die esoterische Weltanschauung der Anthroposophie, die wird von außen vereinnahmt von rechten Kräften und es steckt in ihnen natürlich selbst gar nicht drin. Dann wiederum gibt es ja viele Überschneidungen mit einer völkischen Szene, die zum Beispiel in der Demeter-Landwirtschaft versucht, sich breit zu machen, oder mit Ansichten quasi aus der linksgrün vermuteten Bürgerschaft sogar. Wie kann das zusammenhängen? Also für mich war das ziemlich eindeutig. Als ich ein Kind war, das ist jetzt schon eine Weile her, es ist sehr völkisch zugegangen bei uns. Und meine Mutter, alt 68erin, wirklich keinerlei Berührungspunkte mit den Rechten irgendwo in ihrem Leben. Hatte mich auf eine Waldorfschule, weil sie eben der Meinung war, das wäre besonders gut für mich. Und dort waren aber viele Dinge, das habe ich erst im Nachhinein begriffen, die für mich damals normal waren, einfach nicht normal, sondern das war, wie das in der völkischen Szene zugeht, wie das bei Rechten zugeht, wie das bei stockkonservativen Menschen am Land nicht zugeht. Nämlich, wir hatten zum Beispiel, war das bei uns ganz üblich, dass Mädchen und Frauen Röcke und Kleider tragen. Wir hatten keine bedruckten T-Shirts, weil das war alles was Kapitalistisches aus Amerika. Der vulgäre Materialismus von Jeans war irgendwie ganz ganz oben. Man durfte auch keine Jeans tragen. Es wurden so diese Feste, auch die durchaus so deutsche Feste, so wie das Johannesfeuer und diese Dinge waren für mich damals normal. Das habe ich jetzt erst im Rückblick gesehen, wie viel von dieser Bildersprache, die ich damals mitbekommen habe, eigentlich auch so in der rechten völkischen Szene verwendet wird. Also die Bildersprache ist mir auch aufgefallen, wenn zum Beispiel Feiern mit kleinen, blonden Mädchen beworben werden, die in weißen Gewändern über die Wiesen hüpfen, dann ist mir das immer so ein bisschen wie bei den kleinen Germanen, wenigstens von der Optik her. Ja und also bei uns waren das jetzt keine weißen Kleider, aber es war eben auf jeden Fall ganz klar immer so ein Rückgriff auf ganz traditionelle Kleidung und nicht nur die Kleidung war traditionell, sondern auch die Bücher nach Möglichkeit, Lieder, die wir gesungen haben, alte Volkslieder. Also wir haben zum Beispiel gesungen "Es geht eine helle Flöte". Genau, da hatten wir uns neulich auch gerade drüber unterhalten. Also Hans Baumann war so ein Nazi-Dichter, der halt für BDM und HJ Lieder geschrieben hat, die damals sehr beliebt waren, wie eben "Die helle Flöte" oder "Hohe Nacht der klaren Sterne", aber auch so was wie "Es zittern die morschen Knochen", was heute verboten ist, weil es als Nazi-Lied eben nicht mehr gesungen werden darf. Und das ist jetzt nicht unbedingt was Waldorf-Exklusives, also Hans Man konnte nach dem Krieg ganz normal Karriere machen und hat auch beliebte Kinder- und Jugendbücher geschrieben. Aber was Waldorf typisch ist, ist, dass wir nichts anderes gesungen haben. Als ich die Waldorfschule verlassen habe, haben wir "Wind of Change" gesungen im Musikunterricht. Und in der Waldorfschule sind es dann eben nur die Volkslieder. Und die bringen ja einfach auch eine Botschaft mit. Und praktisch alles, was zu Steiners Zeit angesagt wird, konserviert die Waldorfschule und lebt es heute eins zu eins so weiter. Und da stecken dann eben auch bestimmte Werte drin. Darf ich kurz fragen? Das mit der Kleidung hat mich interessiert. Wurde das irgendwie erklärt oder historisiert, wo die herkommt oder warum man die jetzt anzieht? Oder war das einfach das Normale zum Anziehen und gar nicht darüber nachgedacht? Also es gab für die Eltern tatsächlich Vorschriften, was in der Schule getragen werden soll und was nicht. Es ist zum Beispiel eben dieses Verbot von bedruckten T-Shirts. Das war bei uns noch, da wurde man nach Hause geschickt, wenn man das falsche anhatte. Jeans waren so verpönt, dass sie bei uns bis zur Oberstufe einfach wirklich keiner getragen hat. Also das war schon, das wurde uns vermittelt, das haben auch die Lehrer und Lehrerinnen, haben das nicht getragen. Das war wichtig, es war auch gerade so in der frühen Schulzeit, war auch noch wichtig, wenn wir rausgehen, dass wir eine Mütze oder eine Kappe tragen, aber keine Baseballkappe, weil es war zu amerikanisch, um eben da so diese Körperhülle zu schützen, hieß das für uns damals. Man hat es einfach mitgemacht, weil es alle so machen. Aber es gab tatsächlich schon Regeln für die Eltern. Und es ist so dieses, ja was ist gut für das Kind? Für das Kind ist es jetzt gut, in diesem Alter in Naturtönen und ungemusterten Dingen herumzulaufen. Und die Eltern haben sich da normalerweise dann auch dran gehalten. Wann war das bei dir, Sarah? Ja, bei mir war das in den 80ern bis in die frühen 90er. Ja, also bei mir war es, glaube ich, nicht ganz so streng. Ich war auch in den 80er und 90er Jahren auf der Waldorfschule und ich weiß noch, dass ich auf jeden Fall auch in der Unterstufe dann doch mal einen bedruckten Pulli getragen habe. Aber vor allen Dingen erinnere ich mich daran, weil mich einmal meine Klassenlehrerin darauf angesprochen hat. Da hatte ich so einen Pulli auf dem stand "I love Ballet" und dann hat sie mich gefragt, ob ich den Ballett tanze und mir war das unfassbar peinlich. Ich habe kein Ballett getanzt, ich wusste glaube ich bis dahin auch nicht so genau, was auf dem Pulli steht, aber solche Situationen erinnere ich vielleicht zwei bis drei aus der Schulzeit, wo eben jeweils einfach jemand angesprochen wurde, ja, weißt du denn überhaupt, was da auf dem Pulli steht? Und das ist dann natürlich auch so ein Subtiles, das vermittelt wird, dass es irgendwie, ja, ungut, wenn du da was trägst, von dem du vielleicht auch nicht weißt, was es bedeutet. Und generell war es auch so, dass, also dass die Welt, weil du den Dualismus angesprochen hast, dass die Welt eigentlich immer eingeteilt war in gut und böse, in erwünscht und unerwünscht. Und selbst wenn wir uns da nicht 100 Prozent dran gehalten haben, war uns schon klar, was eben Waldorf ist und was nicht Waldorf ist. Und dass wir da jetzt gerade was Verbotenes tun. Oder was Verpöntes vielleicht eher. Das klingt nach einer sehr konservativen Kindheit. Und die Beispiele von Sarah, die sind auch noch gar nicht so weit weg. Es gibt durchaus aus von Ende der 2010er Jahre, also 2018/2019, Artikel von der Waldorfzeitung oder von der Webseite der Waldorfkindergärten, die davor warnen, zum Beispiel Muster zu tragen oder zu grelle Farben. Und die betonen ganz toll, dass Kleidung ja was Individuelles ist. Aber man soll sich bitte sehr damit zurückhalten, einmal für sich selbst, aber auch für die die diese Kleidung dann ertragen müssen und draufschauen müssen. Das heißt, es ist auch so ein, ja, so ein ungeschriebener Kleiderzwang, der vielleicht nicht immer in der Schulordnung steht. Manchmal allerdings schon, zum Beispiel keine Comics zu tragen, aber durchaus eine durchorganisierte, straffe Gesellschaft, wie es klingt. Ja, also die Waldorf-Leute haben ja immer so dieses, also es wird auch manchmal in Texten so beschrieben, dass man sozusagen liebevoll jemanden auf den rechten Weg wiederbringt. Und das waren dann eben so kleine Kommentare, dass man so mitbekommt, ja, das passt irgendwie nicht. Oder also im Alltag war eben so, gab es jetzt keine strenge Kleiderordnung in dem Sinne, aber auf Schulfesten war das dann ganz stark so, dass man eben auch einfach sah, was die anderen so tragen. und gerade die Mädchen haben dann oft so ganz bestimmte, relativ traditionelle Kleidchen getragen und es wurden immer diese Blumenkränze geflochten. Also dann trugen einfach alle Kinder ihren großen Blumenkranz. Alle Kinder? Jungs wie Mädchen? Ja, auf jeden Fall. Und das war eben dann auch eine Aktivität, also gerade beim Sommerfest irgendwie auf dem Schulhof. Und das bringt dann ja auch einfach so eine bestimmte Ästhetik mit sich. Und an die gewöhnt man sich dann. Und weiß ich nicht, also ich erinnere mich jetzt nicht mehr konkret, wie ich an meine Kleidung damals gekommen bin. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass man dann einfach, wenn man die anderen in den hübschen Kleidchen sieht, dann vielleicht auch so ein Kleid tragen möchte, ohne dass das jetzt in dem Sinne eine Kleidungsordnung ist. Ganz viel tatsächlich ging auch bei uns über Lob. Also ich weiß, ich hatte als kleines Mädchen lange Haare und ich hatte zwei eingeflochtene Zöpfe. Und meine Lehrerin hat auch immer wieder "Ach, so schöne Haare heute!" Und das hat sie bei allen Mädchen mit den Zöpfen gesagt. Und man will als Kind natürlich dann auch dazugehören, das ist ja klar. Und wenn dann von der Lehrerin immer kommt "Ach, deine Frisur ist so schön, deine Zöpfe sind so schön." Wir hatten, ich glaube so in der fünften, sechsten Klasse, hatten wir alle lange Haare mit geflochtenen Zöpfen als Mädchen. Und da dann natürlich die Kleider und der Blumenkranz, das ist halt eine Optik, die war gewünscht. Die haben sie dann auch bekommen. Und ich weiß noch, dass ich bei meiner Einschulung einen roten Plastik-Schulranzen von Amigo hatte. Und als ich ungefähr in der vierten Klasse war, habe ich mir dann einen Lederschulranzen gewünscht, weil ich da jetzt seit drei Jahren die Lederranzen meiner anderen Mitschüler*innen gesehen habe. Und dann hatte ich eben so einen Lederranzen, der irgendwie 25 Kilo schon leer gewogen hat und war total glücklich drüber. Was mich jetzt aus heutiger Sicht eigentlich wundert, weil ich als Kind diesen traditionellen Lederranzen irgendwie schöner fand als den bunten Kunststoffranzen. Aber genau, das ist dann, glaube ich, auch was, was man einfach in der Schule so mitbekommt, dass es irgendwie das Bessere ist. Ich habe den Fehler sogar noch mal mit Mitte 20 gemacht, weil ich mir auch gedacht habe, ich brauche so eine Ledertasche, die so alt ausschaut und so schön ist. Und ich habe dann ziemlich schnell gelernt, dass die sehr viel wiegen und nicht so praktisch ist, wenn man täglich auf dem Weg zur Arbeit an der modernen Leinen Rucksack doch besser ist. Aber was ich euch noch fragen wollte, ist, hat man euch als Kinder jemals eine Begründung für diese Kleidergebote Vorbote gegeben oder war das genauso wie beschreibt es einfach durch Lob und durch Anpassung und durch quasi eine simulierte Normalität, dass das dann alle getragen haben. Ich fand das dann glaube ich auch einfach schön. Ja klar, also erklärt wurde uns das nicht, sondern das war eben so dieses optische Ideal und ich fand das auch schön. Und habt ihr das nie bei anderen Freunden, die nicht in die Waldorfschule gehen gesehen quasi und wollt jetzt dann Ich erlebe das jetzt bei meinen Kindern. Da hat einer ein Dinosaurier-T-Shirt im Kindergarten oder ein Ninjago-T-Shirt und dann wollen es alle haben, weil es halt alle cool finden. Diesen Effekt gab es dann rückläufig nicht. Also kaum. Da kommt jetzt nämlich genau wieder das ins Spiel, was ich auch ansprechen wollte. Es ist eine Parallelgesellschaft. Man bleibt sehr unter sich. Und selbst wenn man jetzt andere trifft und ich hatte nicht viele Freunde außerhalb der Waldorfschule, aber es gab zwei, drei, dann war das schon klar, so ja, aber das, was wir jetzt hier machen, ist eigentlich besser. Also das war, glaube ich, bei mir auch ein klein bisschen anders. Ich hatte auf jeden Fall viele Kontakte außerhalb der Waldorfschule, auch viele Hobbys und auch eben ganz normale Kleidung. Und auch bei uns in der Schule, würde ich sagen, war das tatsächlich jetzt nicht so streng gehandhabt, eben, beziehungsweise war das bei mir in der Klasse eigentlich eher wichtig, sich auch abzugrenzen von dem, was die Schule wollte. Aber das sind, glaube ich, am Ende auch zwei Seiten einer Medaille. Also wir haben uns dann davon abgegrenzt, aber eben, weil wir ja auch wussten, es gibt diese Kategorien und wir sind dann zwar dagegen, was die Schule sagt, aber wissen ganz genau, was gewünscht ist und was nicht. Und wie gesagt, bei mir war es dann ein bisschen so, dass ich sagen würde, ja, ich und meine Freundinnen hatten für den Alltag eben normale Kleidung, aber gerade bei den Festen und so habe ich das dann doch eben sehr traditionell in Erinnerung. Jetzt höre ich das Wort Parallelgesellschaft, wenn jetzt da eine eigene Sprache und eine eigene Kleidung vorherrscht, die man gerne hat und auch irgendwie so traditionell und sehr, sehr scharf getrennte Mann-Frau-Rollen, dann erinnert mich das doch schon so ein bisschen an völkische Bewegungen. Und die kommen vielleicht auch von einem ganz anderen Startpunkt, die völkischen Rechten und die anthroposophischen Esoteriker, aber offenbar treffen die sich ja in einer Art ideologischen Klammer, wo sie beide ganz gut reinpassen. Und wie man an den Querdenken-Demonstrationen im deutschsprachigen Raum gesehen hat, haben die auch große Toleranz füreinander. Natascha, wie kann das denn so zusammengehen? So ein linksgrüner, hippiesker Waldorf-Vater, der dann plötzlich marschiert neben irgendwelchen Rechten und die dann toleriert oder ausblendet? Wie geht das? Das ist die Frage und daran haben sich glaube ich viele gestoßen, weil das also ästhetisch nicht zusammengeht und weil es diese Fehlabnahme gibt, dass diese Hippies und die Esoteriker irgendwie links sein müssen. Und wenn man sich dann gerade die Geschlechterbilder anschaut, dann sieht man, dass es konservative Geschlechterbilder sind und das ist sehr interessant, weil die Die Geschlechterbilder bekommen dann ein Update in der völkischen Bewegung, weil da nicht mehr Gott quasi das Wichtigste ist, sondern dann wird so eine Komplementärrolle der Frau erfunden und gesehen. Das heißt, wir sind nicht alle quasi unter Gott, sondern es gibt eine spezielle Aufgabe, die Wiedergeburt des Volkes und deswegen auch diese Überhöhung von Geburtenraten und sowas. Und diese Komplementärrolle, das heißt, es gibt so eine natürliche Rolle von Frauen im Einklang mit der Natur, im Einklang mit dem Kosmos. Da ist ja das, wo das ein Anschlussweg ist für esoterisches Denken. Und deswegen passt dieses völkische Denken ja auch so gut zu diesem esoterischen Denken, Weil es dieser Binarität, gut, böse, Mann, Frau, also weil das dem völkischen Denken auch so entgegenkommt und diese Natürlichkeitsvorstellungen da auch ganz gut reinpassen und der Mensch quasi muss im Einklang mit der Natur leben und dieses Einklang mit der Natur leben ist immer so ein Vormodernes, im Einklang mit dem Naturleben. Deswegen passen Städte nicht rein und Deswegen passt Technik nicht rein, deswegen offensichtlich auch bedruckte T-Shirts nicht. Und das ist da, wo die Anknüpfungspunkte nicht nur ästhetisch, sondern auch ideologisch da sind. Das sieht man in der anthroposophischen Bewegung ja überall. Also zum Beispiel in der Demeter-Landwirtschaft geht es um eine möglichst natürliche Landwirtschaft, die synthetische Düngemittel komplett weglässt und quasi wieder eine Landwirtschaft wie vor 100 Jahren betreibt, betreibt, die sehr natürlich ist. In der anthroposophischen sogenannten Medizin setzt man sehr stark auf Naturheilkunde, was dann am Ende des Tages oft auf homöopathische Verdünnung ausläuft, weil das ja gute Naturmittel sind im Gegensatz zur bösen Chemie, in Klammern Trademark, und so zieht es sich durch. In der Kleidung in der Waldorfschule sollen Naturmaterialien auch getragen werden, Wolle, Seide, Baumwolle und keine Synthetik. Also dieses hervorhebende Natürlichkeit als oberstes Prinzip. Mich schockt manchmal heute das Hochhalten dieses Prinzip, die alle nicht leben würden, wenn ihre Eltern nicht Nahrung gehabt hätten, mit Düngemittel hergestellt und Impfungen bekommen hätten mit böser Chemie oder whatever. Die also quasi profitieren von den Erfolgen der Gesellschaft der letzten 100 Jahre, der Wissenschaft, der Technik, jetzt aber romantisiert wieder eigentlich dahin zurück möchten, in ein vielleicht sogar voraufklärerisches Weltbild. Natascha, ist es auch so eine Modernitätsfeindlichkeit oder eine Anti-Aufklärung, die vielleicht Esoterik und Rechte verbinden kann? Ja, und wenn man es mit so Anti-Modernisten zu tun hat, also so Leute, die zurück wollen in ein Jahr, was auch immer, dann muss man immer eins mitbedenken. Das 20. Jahrhundert und die Moderne hat für Gesellschaft die Massengesellschaft bedeutet. Das heißt, es hat bedeutet, in einer Gesellschaft zählen auf einmal nicht nur ein Paar, sei es der Adel, sei es die Feudalherrschaft, sei es das hohe Bürgertum, wer auch immer, was auch sondern auf einmal haben die, die eigentlich nicht zählen, zählen auch. Die haben eine Stimme, die können wählen, die sind über eine Krankenversicherung erfasst, weiß auch immer. Also quasi diese Vermassung der Gesellschaft, die so negativ gesehen wird, heißt eigentlich, dass es eine Egalisierung gibt innerhalb der Gesellschaft. Eine Gleichmacherei. Gar nicht Macherei, aber das ist ja quasi alles, was universell ist, bedeutet, dass der Letzte quasi niemand von links auch noch davon profitiert. Und alle, die zurück wollen, die Moderne zurückdrehen wollen, heißt eigentlich, dass man wieder quasi diese strengen Hierarchien einziehen will und dass die anderen nichts zählen. Und dazu passt natürlich auch eine Landwirtschaft, die nicht nachhaltig sein muss für acht Milliarden Menschen, die wir jetzt auf der Welt sind, sondern da reicht es, wenn sie halt ein paar Hundert oder ein paar Tausend ernährt werden, weil wenn der Rest nichts zu essen bekommt, ist es jetzt none of my concern. Und das trifft auf all diese Dinge zu. Ja, das ist schön und das ist romantisch und ich finde es auch schön, wenn ich das in einem Geschichtsmuseum sehe, wie das alles ausgeschaut hat, aber diese Geschichte ist ja natürlich ein Prozess und wenn man dieses zurückwerfen will, dann heißt man, ich kann nicht nur die Technik zurückwerfen, ich will dann auch ein Zurückwerfen in die Umstände. Ein Zurückwerfen der Gesellschaft. Und das heißt vor allem, dass ganz, ganz viele Menschen entweder a) nicht existieren sollen oder b) im absoluten Elend leben sollen. Und das muss man immer zurückdenken, wenn man diese, wenn es so romantisiert wird, das wird ja auch fernab, quasi von der Anthroposophie gern so, Wir müssen alle wieder und am besten, wir wohnen alle in den Hütten am Berg, das ist schön. Aber wenn es dann so ein politisches Programm wird oder so ein philosophischer Hintergrund wird, dann läuten alle Alarmglocken bei mir, weil das heißt, dass es für ganz, ganz viele Leute nicht mehr sein soll und dass die keine Rechte mehr haben sollen und dass die eigentlich gar nicht mehr am besten überleben sollen. Und sie sollten vor allem den Hund halten. [H] Ja, ich finde, wir sollten da nochmal den Unterschied aufmachen zwischen so einem tumpen, auf Zerstörung herauslaufenden Rassismus oder einer rechten Position und dem doch unterschwelligen Rassismus und den rechten Positionen, die man nach deiner Erklärung jetzt oder die mir dann auch auffallen in der Anthroposophie, denn da geht es ja nicht um Vernichtung, sondern Wie du gerade sagst, die Menschen, die in der Armut und im Hunger aufwachsen, für die ist es das Richtige, weil das ist ihr karmisches Schicksal. Und die haben sich das selbst ausgesucht. Und es ist nicht, dass man denen das wünscht oder dass man die absichtlich nicht ernähren wollte. Aber so gibt es halt Menschen, die haben das verdient und die Menschen, die haben das nicht verdient. Und so ist halt der Lauf der Dinge. So ist das kosmische Gleichgewicht offenbar. wenn man an Karma und Reinkarnation glaubt, eine gewisse karmische Schuld, die man dann noch hat. Die Sarah nickt auch gerade ganz dolle. Gibt es dann Elite-Denken in der Anthroposophie, was sich vielleicht auch in rechten Positionen spiegelt? Ja, ganz klar. Also man ist was Besseres allein schon, wenn man dazugehört. Aber es gibt auch innerhalb des Dazugehörens, also innerhalb der Waldorfschule gibt es dann Hierarchien, nach oben. Also da gibt es dann die richtigen Anthroposophen, da gibt es dann die schon über Generationen Anthroposophen. Dann gibt es die alleinerziehenden Mütter, die sind ganz unten, die müssen möglichst viel putzen, damit sie weiter nach oben kommen. Also tun sie eh nicht, aber damit sie dazugehören dürfen. Also das hierarchische Denken ist schon auch bei Waldorf ziemlich stark vorhanden. Wir sprachen von Hierarchien und das erinnert mich daran, was Sarah sagte, es gibt noch alte Familien, da hat schon mal einer dem Steiner die Hand geschüttelt oder bei einem Vortrag gesessen. Und das sind quasi die Allerobersten vom Ansehen her, habe ich oft das Gefühl. Und dann gilt es wirklich in Abstufung. Und Menschen, die nicht Anthroposophen sind, na ja, die verachtet man nicht, man hasst die auch nicht, aber die sind halt grundsätzlich anders. Mit denen spricht man nicht, weil die können einen eh nicht verstehen. Und was soll man denen erklären, was sie nicht erfassen können, weil sie die auf dem Erkenntnislevel nicht sind. Sarah? Das ist auch innerhalb des Lehrerkollegiums zum Beispiel. Es ist auch ganz typisch. Ganz oben stehen die Anthroposophen, die Eurythmielehrerinnen, die die Steiner's Werke in ihrer Gesamtheit, weil sie nicht verinnerlicht haben. Und ganz unten stehen die bösen "Staatsschullehrer", in Anführungszeichen, die halt doch an die Waldorfschule gehen. Aber das ist die unterste Ebene. die Staatsschullehrer, die aus öffentlichen Schulen kommen. Aber dass es auch dadurch da ist. Aber das ist ja nicht anders als ein bürgerliches Denken, wo klar ist, wer aus altem Geld kommt und aus alten Familien kommt, der ist das Bessere. Und es mag schon geben, dass Leute so neureich sind oder auch haben, aber es ist was anderes, als wenn der Uropa schon irgendwie, weiß ich nicht, Eisenbahnmagnat war. dann zählt das was. Wobei, das ist noch quasi das bürgerliche, egal, wenn du in einen Adel einheiratest, ist das nochmal drüber. Das ist einfach nur ein Widerspiegel quasi bürgerlicher Moral und bürgerlichen gesellschaftlichen Denkens. Wobei, also mit diesen Hierarchien, das ist zum Beispiel etwas, was ich jetzt nicht so bestätigen kann, weil es tatsächlich an meiner Schule, zumindest an der ersten keine mir bekannten Anthroposophen gab. Also da hatte ich jetzt auch noch mal mit meinen Eltern gesprochen, ob ich das vielleicht als Kind einfach nicht so mitbekommen habe, aber die haben mir das bestätigt und ich kann mich auch daran erinnern, dass das in der Schule eher so war, dass zumindest die Familien sich teilweise so ein bisschen spöttisch über Anthroposophie geäußert haben, so ein bisschen ironisch und so und sie waren eben selber nicht anthroposophisch. Und das ist aber, glaube ich, auch so ein Ding, also die Familien selber müssen nicht unbedingt anthroposophisch sein. Und es gibt ja auch immer wieder Leute, die sagen, ich war auf einer Waldorfschule, aber das ist eine ganz normale Schule und ihr erzählt Quatsch, wenn ihr sagt, die waren irgendwie esoterisch drauf. Aber auch diese Leute nehmen ja diese ganze esoterische Unterfütterung von Steiner an, übernehmen das und nehmen auch in Kauf eben, dass dann entsprechend das Anknüpfungspunkte bietet. Die Anthroposophen würden das sicherlich, wie ich schon sagte, von sich weisen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass es da so etwas gibt, das nenne ich schwarz-weiß-rot-Schwäche. Die können das nicht sehen. Und erst im November 2022 gab es einen offenen Brief von Anthroposophen an den Bund der Freien Waldorfschule und die Anthroposophische Gesellschaft, wo gebeten wird oder gefordert wird. Sie möchten nicht immer mit der Nazikeule auf andere Anthroposophen draufhauen. Also die Organisation soll bitte Anthroposophen nicht als rechts verunglimpfen, nur weil diese halt ihre Meinung sagen, weil zum Beispiel die Karoline Sommerfeld mit der identitären Bewegungen bei Fackelaufzügen läuft oder weil man antisemitische Karikaturen verteilt, wo lange spitze Finger mit Fingernägeln so anstrippen, so unsere Presse und die Medien und die Wissenschaft und die Ärzte steuern. Und das alles wäre ja eine freie Meinungsäußerung. Und deswegen müsste man ja nicht immer gleich mit der Nazikeule kommen. Das würde ja alles nur noch schlimmer machen. Sehen die die Nazis nicht? Sehen die die und ignorieren sie? Hat Natascha da irgendeine Eingebung zu? Weil ich habe das nicht verstanden. Das eine ist, dass der Begriff Nazi ja irgendwie so steht für alles was irgendwie extrem rechts ist. Und ob das jetzt also wirklich Nazis Nazis sind, weiß ich nicht. Sind es Nationalsozialisten? Sind es nur Rechtsextreme? Genau. Sind es Rechtspopulisten? Also völkische Esoteriker, das ist das immer wieder beim Wolfgang Purceller, weil diese völkische Bewegung gibt es natürlich schon länger als der Nationalsozialismus. Der Nationalsozialismus ist ja auch nicht im Vakuum entstanden, sondern diese Beschreibungen, die wir seit Mitte des 19. Jahrhunderts circa sehen, Zirkes Szene, diese Sammlungsbewegungen im völkischen Lager, die einerseits dieses Kulturelle ganz stark haben und dass es dann so eine politische Bewegung geworden ist, hat auch verschiedene Manöver. Und insofern würde ich quasi diese Steine als Teil dieses völkischen Sehens, Das ist ein völkischer Rechtsextremismus, der im Nationalsozialismus nicht geändert, leider nicht geändert, sondern seinen zivilisationsbrecherischen, also da die grausamste Form angenommen hat. Aber natürlich gehen die Wurzeln weiter zurück. Und dass es sich mit diesem Esoterischen vermischt, ist natürlich auch so ein Zeichen der Zeit, das war auch dann im ausgehenden 19. Jahrhundert und vor allem dann zur Jahrhundertwende einfach auch so Boden und dass sich das Völkische mit dem Esoterischen verbindet hat, verbunden hat, da sind wir dann bei Anthroposophie und bei Steiner und insofern quasi jetzt unter ganz großen Anführungszeichen, quasi verstehe ich, wenn sie sagen, wir sind ja keine Nazis, aber das völkische Denken ist das, was sie verbindet. Und das soll jetzt keine Entschuldigung sein, sondern es soll sein, dass es einfach Verwandte Irukin sind und dass diese völkische Esoterik natürlich auch einen Sprang im Nationalsozialismus hatte, aber auch ein Leben außerhalb des Nationalsozialismus hatte. Rechts ist es auf jeden Fall, esoterisch ist es, sozialdarwinistisch ist es und das sind alles die verbindenden Elemente. Also der Initiator dieses offenen Briefes an die Waldorfschule und an die anthroposophische Gesellschaft, der verwahrt sich ja auch sehr stark dagegen, dass man Rechtsextreme, Identitäre oder Völkische dann als Nazis beschimpft. Ist ja wahrscheinlich auch fachlich nicht der korrekte Terminus, wie wir gerade gehört haben. Er selber schreibt ja gerne Briefe an das Volk der Deutschen und beklagt da eine Scheindemokratie, Unterjochung der deutschen durch westliche Siegermächte und der Ruf zum Widerstand auf und zur Befreiung des deutschen Geistes. Nazi sei man aber nicht. Da muss ich jetzt aber dazu sagen, also, weil man, wie ist es, wenn man geht wie ein Nazi und redet wie ein Nazi, dann ist man halt aber vielleicht auch ein Nazi. If it talks like a duck and it cracks like a duck. Das sind einfach, das ist eine Rhetorik, die kenne ich aus dem ganz, ganz, ganz alten 70er Jahre, 80er Jahre revisionistischen Nationalsozialismus. Die haben dann immer so Briefe geschrieben, Bücher geschrieben, wo genau diese Rhetorik drin war. Das ist eigentlich ganz stark im Revisionismus. Und da ist man dann doch schon sehr nah, sehr nah an einem Altnazimilieu sogar. Altnazimilieu, ja. Da finden wir wieder die große Schleife. Der Initiator dieser Petition oder des offenen Briefes, der Rainer Schnurre, der ist auch ein Aktivist für die sogenannte soziale Dreigliederung nach Gudolf Steiner, nach der sich eigentlich die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft selber verwalten sollen und der Staat ganz, ganz wenige Einflussmöglichkeiten nur noch haben soll. Es ist quasi eine politische Bewegung, die dem Staat die Macht entziehen soll und die Medizin soll selber entscheiden, was Medizin ist. Und da sollen dann halt auch Heilkundige aller Arten gefragt werden, als ein Beispiel. Das heißt, diese Dreigliederungsbewegung, die scheint sehr daran interessiert zu sein, die Macht des Staates zu begrenzen und als Staat im Staat quasi ihre eigene, nach ihrer eigenen Fasson zu leben. Das ist auffällig, dass diese auch sehr, sehr stark teilnehmen, immer wieder an den Querdenkendemonstrationen und da versuchen halt auch ihre Menschen abzugreifen und zu sagen, ja genau, der Staat ist doof, die Obrigkeit ist doof, wir sind frei, wir sind freie Waldhofsschuld, wir sind freie Menschen, wir lassen uns von dem Staat nichts diktieren und da ist es schon klar, warum Öko Willi dann da doch neben dem Nazi-Burschen marschiert, weil die kommen von einem ganz anderen Ansatz, aber die haben ähnliche Weltbilder. Ja, die Weltbilder, das haben wir schon gesagt, die sind sehr stark geprägt auch von so einem Gut- und Bösedualismus, also oder wir, die Eingeweihten gegen die Unwissenden, wir, die guten Menschen gegen die böse Farmer, die böse Big Agrar, die bösen korrupten Politiker und das kann sein, dass das ein unten gegen oben ist. Hat es auch schon Verbindungen in faschistische Weltanschauungen rein? Diese klare Trennung zwischen dem absolut Guten und dem absolut Bösen? Ein Weltbild, das sich so stark in Gut und Böse teilt, das ist ein manichäisches Weltbild, nennt man das. Und so ein manichäisches Weltbild, das gibt es natürlich in ganz viele Schattierungen, also religiöse Weltbilder. Religion, die ganz unbeleckt ist quasi von Modernisierungsbewegungen, das sind manichäische Weltbilder. Das wird differenziert und das sieht man auch bei organisierten Religionen, dass es da verschiedene Auslegungen gibt, aber das ist ganz wichtig und vor allem ist es wichtig in diesem manichäischen Weltbild, dass das Gute ist gut, weil es gut ist und das Böse ist böse, weil es böse ist. Es gibt keine Umstände, es gibt nichts, was einen dazu getrieben hat, es gibt keine Graustufen, es gibt keinen Weg, keine Biografie, die es dazu macht, sondern es gibt einfach das Böse in der Welt. Und das ist, ich meine, man kennt das als Märchen oder so, also das ist jetzt auch ganz fernab von Organisationen ist es so. Aber das ist natürlich ein naives Weltbild, ein vormodernes Weltbild. Und das ist natürlich auch in der Geschichte immer wieder ein Herrschaftsinstrument gewesen, die Leute in diesem Weltbild zu lassen. Und dann gab es die Aufklärung, und dann gab es die Moderne und so weiter. Und dann hat sich das alles durchdifferenziert. Und so ist es aber auch der Wunsch zurück in eine Zeit, als es einfacher war. Und dieses Einfachheitsversprechen in einer so fragmentierten Zeit, das ist, was es für viele attraktiv macht, aber es ist so eine Selbstinfantilisierung, die damit einhergeht. Und natürlich ist man da nicht mehr auf Augenhöhe, sondern die, die bestimmen, was das Gute und was das Böse ist, die werden bestimmen und man hört zu und fürchtet sich oder freut sich, aber ist nicht mehr auf Augenhöhe. Das heißt, es ist wirklich ein Zurückwerfen in eine vormoderne. Sarah nickt ganz toll. Also das mit dem absolut Bösen. In der Anthroposophie gibt es da die Widersachermächte. Wir haben da immer wieder mal ganz lustig drüber geredet, ob das jetzt zu Ariman oder zu Lucifer gehört. Aber allein die Tatsache, dass uns als Menschen, als Familien, ich sage jetzt gar nicht unbedingt als Kindern, weil in der Schule haben wir gar nicht so viel dazu gehört, Aber dass diese Widersachermächte gibt und dass die uns Böses wollen und dass wir die tapferen Streiter dagegen sind, das war schon sehr präsent. War das bei euch auch so, Katharina? Also so konkret erinnere ich mich nicht daran. Aber uns wurden natürlich diese ganzen Geschichten erzählt. Die christlichen Jahresfeste spielen ja auch eine große Rolle an der Waldorfschule. Und in dem Zusammenhang dann auch so heilige, wie der heilige Georg oder St. Michael und die entsprechenden Lieder, die wir Jahr für Jahr da gesungen haben. Und die, glaube ich, jeder und jede, die mal auf einer Waldorfschule war, bis ans Ende seiner Tage singen kann. Von irgendwie, also ja, es waren teilweise einfach irgendwelche katholischen Kirchenlieder. Aber ich bin zum Beispiel überhaupt nicht in einer katholischen Gegend aufgewachsen und trotzdem haben wir das hoch und runter gesungen. Habt ihr auch den Drachen erledigt? Ja, klar, mehrfach. Dann gibt es den Erzengelkämpf gegen den Drachen. Das ist ja eines der größten Feste an der Waldorfschule. Da ist ja auch wieder das Gute gegen das Böse darin. Also ich fand das damals sogar ganz toll, dass wir das durften. Wie alt war ich damals? Zehn, acht, neun, also sogar noch ein bisschen jünger. Ich war in dem Alter so richtig Schwerter kämpfen und Prinzen und was weiß ich was. Ich fand das ganz toll. Und dann gab es da auf einmal einen Drachen und wir durften den dann erledigen. Ich habe jetzt gesehen, dass ganz aktuell in Schulen da teilweise mit Feuerpfeilen geschossen wird. Das durften wir damals nicht, aber das hätte mir damals total gut gefallen. Also da merke ich dann auch, wie sehr ich durchaus drinnen war in diesem Gut-Böse-Denken. Weil der Drache, das war ja kein Drache, das war ja alles Böse in der Welt, das wir da erledigen. Die Waldorf-Kinder singen "Mit deiner Hilfe, oh Michael, werden wir die Mächte des Bösen überwinden." Und dann gibt es so schöne Sachen, wo dann wirklich mit Flammen, also erst wird ein Pappmaché-Drache gebaut, dann wird er mit Flammen niedergebrannt oder mit Pfeilen beschossen oder mit Holzschwertern vermöbelt. Und dann sind alle kleine Helden und kleine Sankt Michaelinen, die das Böse aus der Welt treiben. Da ist wieder eine sehr starke religiöse Prägung drin. Und auch wieder, ja, Manichäismus und Gnosis, die ja auch eine große Basis in der Anthroposophie darstellt. Ich denke, wir haben so ein paar Anknüpfungspunkte von der Esoterik an die Rechten schon dargestellt. Gut-böse Dualismus, konservatives Weltbild, Parallelgesellschaften. Damit einhergeht aber auch immer Verschwörungsdenken. Und das halte ich für einen Markenkern der Anthroposophie und einen Markenkern der Waldorfschule auch, dass sich da besonders viele verschwörungsaffine Menschen treffen. Und vielleicht kann man es mit Holger Klein sagen, glaubst du erst den einen Scheiß, bist du auch bereit, bald jeden anderen Scheiß zu glauben. Kann das so sein, dass man da in so einem Rabbit Hole absinkt, Sarah? Ja, das ist mal das eine. Aber ich würde sagen, es gibt einen anderen Faktor, der auch noch stärker ist. Man weiß, dass man doch durchaus unter sich ist. Also da gibt es Leute, die tiefe Anthroposophen sind und die glauben, dass... Und wenn man an diese Schule kommt und das vielleicht jetzt auch nicht alles glaubt, man merkt doch, dass das eine Schule ist, wo es akzeptiert wird, auch wirklichen Quatsch zu glauben. Und das ist einfach so eine Stimmung, die dort herrscht. Du musst nicht genau das Gleiche glauben wie ich, aber es ist schon okay, wir akzeptieren diese Meinungsvielfalt, dass jetzt der eine glaubt, die Erde ist flach und der andere glaubt, sie ist hohl. Das existiert da so richtig schön nebeneinander. Und dass man eben auch bereit ist, andere Zweige der Esoterik durchaus zu dulden. Also bei uns würde, was in der Anthroposophie eigentlich gar nichts zu suchen hat, würde sehr viel getändelt auch an der Schule. Einfach weil das ein Klima ist, in dem es akzeptiert ist, diese esoterischen Weltanschauungen auch auszuleben. Also ich weiß gar nicht, ob die dorthin kommen und nichts glauben und dann anfangen alles zu glauben oder ob man sich einfach auch zusammenfindet mit Leuten, die einfach bereit sind, seltsame Dinge zu glauben. Ich würde es auch nicht so sehen, dass die Waldorfschule einen Menschen zum Schwurbler macht, sondern dass das ein Magnet ist für Schwurbler aller Arten. Ich habe Berichte vorliegen über Hellseher und Auraleser, über Menschen, die Lichtnahrung glauben zu essen, gottgesandte Engelsmedien, Fernheiler. Also da ist alles dabei. Da sind Ufologen dabei, Quantenheiler und so weiter. versammeln sich alle, geben sich munteres "Stell dich ein" und die Klinke in die Hand an Waldorf-Organisationen. Also eine gewisse Offenheit fürs Absurde, Esoterische und für alle Spielarten der merkwürdigen Weltanschauung. Vielleicht sind sie ja darüber doch toleranter, als man denkt. Vielleicht ist es doch eine tolerante Bewegung. Ich glaube zumindest, dass die Waldorfschulen da einfach wenig selbstkritisch sind, wenig gucken, wo bei ihnen die, also wo die Ursache in ihren eigenen Strukturen liegt. Denn, also als ich zur Schule gegangen bin, da war es zum Beispiel auch so, dass Steiners Rassismus noch komplett abgestritten wurde. Mittlerweile sind die da ein bisschen weiter und räumen das ein, sagen, ja, einzelne Stellen sind missverständlich und so. Und jetzt auch im Zusammenhang mit Querdenken, aber eben auch mit Völkischen an den Schulen und so. Da ist der Bund der Freien Waldorfschulen ja schon sehr darum bemüht, zu zeigen, dass er klare Kante gegen rechts zeigt. Das war jetzt das Cover der Erziehungskunst im Oktober, glaube ich, oder November, weiß ich gerade nicht mehr. Und tatsächlich zeigen sie aber eben nicht klare Kante gegen Recht, sondern stellen sich selber als Opfer dar und sagen, wir werden angegriffen von den Rechten. Also wenn die sich bei uns so wohl fühlen und in die Schulen reinkommen, das sind ja Angriffe auf uns und wir werden angegriffen, weil wir gerade so gut sind. Und das ist, glaube ich, ein ganz großes Problem, dass sie das damals, also zu meiner Schulzeit, nicht gemacht haben, sich wirklich abzugrenzen, wirklich zu gucken, was müssen wir ändern. Und dass sie das heute auch nicht machen, sondern nur so tun, als ob. Das ist vielleicht sogar unmöglich, weil man damit einen Baustein aus diesem Gefühl gezieht, der ganz wichtig ist. Man würde den Steiner aus der Steiner-Schule nehmen. Und wenn der Guru nicht mehr unfehlbar ist, sage ich mal ketzerisch, dann könnte er sich auch in anderen Dingen geirrt haben. Und da gibt es so einen starken, jetzt hätte ich fast gesagt, Führerkult um die Person Steiner. Ich weiß gar nicht, ob sie eben so recht gewesen wäre, wie sie sich heute ausprägt. Und Steiner gilt als nicht zu hinterfragen und unfehlbar. Und deswegen scheint es diese Auseinandersetzung nicht zu geben. Und ja, der Bund der Freien Waldorfschulen hat gesagt, zu den Querdenkern und den radikalen Strömungen eine Fehldeutung des Waldorfischen Freiheitsgedankens, sich daraus jetzt abzuleiten, dass man gegen Corona-Maßnahmen agieren könnte. Die Tagesschau hat das recherchiert, das ist eine große Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen, hat gesagt, ja, diese Fehldeutung, die kommt von der eigenen Homepage des Bundes der Freien Waldorfschulen, wo nämlich die ganzen Corona-Verschwörungsmythen stehen. Wo steht oder stand die Maske, wie wird da mit einer Burka verglichen? Also ein Unfreiheitsinstrument, mit dem man gesteuert und geknechtet werden soll. Freiheit, Freiheit über alles. Ist diese Freiheit dann wirklich frei? Ist dieser Freiheitsgedanke wirklich ein ehrlicher? Kann man sich ehrlich dahin entwickeln, wo man möchte? Oder ist es immer bei den Rechten oder bei den Völkischen genauso wie bei den Esoterikern vielleicht nur eine Scheinfreiheit? Möchte ich dazu wissen. Genau, da ist einfach die Frage, wessen Freiheit? Weil Freiheit, aber für wen? Und wer zählt überhaupt? Und wenn ich da ein Weltbild habe, in dem quasi eine Mehrheit sowieso nicht zählt, sondern eine Elite oder die Auserwählten oder die Erleuchteten oder die von Gott bevorzugten, weiß auch immer, dann zählen die anderen nicht und dann zählt deren Freiheit nicht, sondern zählt nur meine Freiheit. Und das ist es, habe ich ein Weltbild, wo ich in einer Gesellschaft lebe und in einer Gesellschaft gibt es Aushandlungen, gibt es Kompromisse, gibt es Interessenskonflikte und dann muss man den Zustand finden, wo es einfach für die meisten passt oder für alle passt. Oder setze ich meine Freiheit absolut durch. Dann kann es schon sein, dass ich mehr darf, wenn ich meine Freiheit absolut durchsetze. Und dann kann ich auch 200 km/h vor einer Schule fahren, weil es ist doch egal. Und dann kann ich auch das alles machen. und dann werde ich individuell mehr Freiheit haben, aber ganz viele andere nicht. Und dieses ultra-libertäre, liberale Denken, was da bei Freiheit ist, heißt einfach nur Freiheit für mich und alle anderen ist entweder egal oder die müssen selbst schauen, wo sie bleiben, aber mich gehen die anderen nichts an. Und dieses Nicht-zusammenleben-Wollen mit anderen, nicht Verantwortung übernehmen wollen, mit anderen nicht solidarisch sein, nicht anerkennen, dass es irgendwie Verbindungen, soziale Verbindungen zwischen uns Menschen gibt, weil wir in einer Gesellschaft leben. Das scheint mir auch ein Charakteristikum dieses Denkens zu sein. Das ist fast schon ein wunderbares Fazit. Das ist so toll zusammengefasst. Vielen Dank dafür. Wir haben uns eigentlich zur Aufgabe gemacht, immer mit etwas Positivem aus der jeweiligen Folge rauszugehen und mal für uns zu überlegen, was wäre unser Wunsch an die Zukunft? Wie könnten wir jetzt in Worte fassen? Was wünschen wir uns von einer Gesellschaft, in der Rechte und Esoterika zusammenwachsen, der Verschwörungsdenken ganz tief einsickert in die Gesellschaft? Was ist ein Zukunftswunsch, wie diese Gesellschaft anders funktionieren könnte? Da würde ich ganz gerne unsere Ex-Valdis Sarah und Katharina zuerst fragen. Sarah vielleicht. Also ich wünsche mir, dass wir endlich die Rechtsaußenbewegung erkennen und benennen als das, was sie ist. Und nicht immer nur so drum herum reden und sagen, ach die gehen da ja nur mit. Und die schreien da ja nur mit und die schwenken ja nur Fahnen, die machen ja gar nichts. Nee, du hast es vorhin schon gesagt, Natascha, wenn sie gehen wie Nazis, wenn sie reden wie Nazis, dann sind sie Nazis und als solche dürfen wir sie auch benennen. Und ich wünsche mir, dass wir als Gesellschaft das schaffen, dass wir Dinge als das benennen, was sie sind und uns dann auch gemeinsam dagegen aufstellen. Weil ich will nicht in einer Gesellschaft mit Nazis leben. Die akzeptable Menge von Nazis in einer Gesellschaft ist null. Sehr, sehr gut. Katharina? Ja, ich würde mich an die Menschen wenden, die in der Waldorfschule oder in anthroposophischen Einrichtungen sind und sich tatsächlich als menschenfreundlich und progressiv sehen, weil da gibt es, glaube ich, wirklich viele, die das auch wirklich ernst meinen meinen und die sich zum Beispiel auch gegen rechts engagieren und die genau und die müssen aber eben genau hingucken was sie da für eine esoterik akzeptieren die ganze zeit und tolerieren und was das bedeutet was das für konsequenzen hat und wenn man sich das genau anguckt ja dann muss man glaube ich, Entscheidungen treffen und ich will das niemandem vorgeben, aber sich damit wirklich kritisch auseinanderzusetzen, das finde ich wichtig. Vielen Dank. Und als letztes möchte ich gerne unsere liebe Kerstin fragen, ja, dein Wunsch an die Gesellschaft oder an eine andere Gesellschaft? Ich glaube, dass es wichtig ist, bei allem was jetzt kommt, und das ist schwierig und so ein partikulares Denken, ein elitäres Denken, Verschwörungsdenken, ein völkisches Denken, ein irrationales Denken, also ein sich zurückziehen auf etwas, was man nur erfühlen kann und nicht rational begreifen kann, ist immer eine Reaktion auch auf eine Zeit. Und so eine Zeit, die haben wir gerade, deswegen boomt das alles auch gerade so. Und es ist wichtig, dass bei allem was kommt, dass wir nie dazu kommen und nie aus dem Blick verlieren, dass es eine lebenswerte Zukunft für alle braucht. Für alle acht mehr Menschen. Wir können nicht beginnen, einzelne Menschen und Menschengruppen als überflüssig zu sehen, als die können wir Opfer, die ist nicht schade oder da können wir jetzt nichts mehr tun. Wir müssen jede einzelne Person, jede einzelne Gruppe kämpfen und alle mitnehmen. Denn diese Aufteilung, das wird sicher versucht werden, das wird anbetracht jeder einzelnen Krise versucht werden und ganz speziell bei der Klimakrise. Dafür fürchte ich mich ein bisschen, aber ich bin auch zuversichtlich, man würde positiv enden, dass es wirklich wirklich möglich ist, dass diese schöne Welt, die bessere Welt, die bessere Welt, auch als diese krisenhafte Gegenwart möglich ist und zwar möglich ist hier im irdischen Leben und dass man darum gemeinsam kämpfen kann. Sehr schön. Jetzt und hier im irdischen Leben. Jetzt sind wir da, jetzt können wir was machen. Dem möchte ich mich vollumfänglich anschließen. Ja, dann sage ich für heute herzlichen Dank, liebe Natascha, für deine Zeit und das nette Gespräch und auch deine Expertise und natürlich auch Dank an alle Zuhörer*innen daraus, die sich für unser Thema interessieren. Wenn ihr uns schreiben wollt, dann gerne. Ideenfragen und Kritik zur Sendung sind immer gerne gesehen bei uns und wenn ihr uns eine große Freude machen wollt, dann hinterlasst gerne eine Bewertung für unseren Podcast dort, wo ihr ihn gefunden habt. Damit sage ich bis zum nächsten Mal. Tschüss! Tschüss, bis zum nächsten Mal! Und jetzt, wie immer, das Rudolf Steiner Zitat vom Anfang der Sendung in seinem kompletten Zusammenhang. Da Oliver ausfällt, habe ich die fragwürdige Ehre bekommen, dieses Zitat komplett einzusprechen. Ich kann mich schon mal dafür entschuldigen, was gleich über meine Lippen kommt, aber das ist Rudolf Steiner im Original. Sie werden vielleicht schon gehört haben, dass von gewissen Leuten immer wiederum in die Welt posaunt wird. Die Demokratie muss die ganze Kulturwelt ergreifen. Demokratisierung der Menschheit ist dasjenige, was das Heil bringt. Dafür muss man nun alles kurz und klein schlagen, damit die Demokratie sich ausbreitet auf der Welt. Ja, wenn die Menschen einfach so fortleben, dass sie die Dinge, die als Begriffe an sie herantreten, nur so an sich herankommen lassen, also ganz aufgehend in den Begriffe Demokratie, dann haben sie eben den Begriff Demokratie so, wie ich ihn als Definition des Menschen angeführt habe. Ein Mensch ist ein Wesen, das zwei Beine und keine Federn hat, wie ein gerupfte Hahn. Denn ungefähr so viel, wie der, dem man einen gerupften Hahn zeigt, vom Menschen weiß, wissen die Menschen, die heute die Glorie der Demokratie verkünden, von der Demokratie. Man nimmt Begriffe für Wirklichkeiten. Dadurch ist es aber unschwer möglich, dass die Illusion sich an die Stelle der Wirklichkeit setzt. Wenn es sich um Menschenleben handelt, in dem man die Menschen einlullt und einschläfert durch Begriffe, Dann glauben sie, in ihrem Streben gehe es dahin, dass jeder Mensch sein Willen zum Ausdruck bringen könne durch die verschiedenen Einrichtungen der Demokratie und merken nicht, dass diese Strukturen der Demokratie so sind, dass immer ein paar Menschen an den Treten ziehen, die anderen aber werden gezogen. Doch weil man ihnen immer wieder vorredet, die sind in der Demokratie drinnen, merken sie nicht, dass sie gezogen werden, dass da Einzelne ziehen. Und umso besser können diese Einzelnen ziehen, wenn die anderen alle glauben, sie ziehen selbst, sie werden nicht gezogen. So kann man ganz gut durch abstrakte Begriffe die Menschen einlullen und sie glauben das Gegenteil von dem, was Wirklichkeit ist. Dadurch können aber die dunklen Mächte gerade am allerbesten wirken. Und wenn einmal einer aufwacht, so wird er eben nicht berücksichtigt. Interessant ist es, wie 1910 einer den schönen Satz geschrieben hat, dass es dem Großkapitalismus gelungen sei, aus der Demokratie das wunderbarste, wirksamste, biegsamste Werkzeug zur Ausbeutung der Gesamtheit zu machen. Man bilde sich gewöhnlich ein, die Finanzleute seien Gegner der Demokratie, schreibt der betreffende Mann. Ein Grundirrtum, vielmehr seien sie deren Leiter und deren bewusste Förderer. Denn diese, die Demokratie nämlich, bilde eine spanische Wand, hinter welcher sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr fänden sie das beste Verteidigungsmittel gegen die etwaige Empörung des Volkes. Da hat einmal einer, der aufgewacht ist, gesehen, wie es nicht darauf ankommt, von Demokratie zu deklamieren, sondern wie es darauf ankommt, die Wirklichkeit zu durchschauen. Nichts auf alle solche Schlagworte zu geben, sondern zu sehen, was wirklich ist. Heute wäre dies ganz besonders notwendig, denn man würde dann sehen, von wie wenigen Zentren aus die Ereignisse heute eigentlich gelenkt und geleitet werden, die so furchtbar, so blutig über die ganze Menschheit hinweg walten. Darauf wird man nicht kommen, wenn man immer in den Irrwahn lebt, die Völker bekämpfen sich, wenn man sich immer einlullen lässt von der europäischen und amerikanischen Presse über irgendwelche Beziehungen, die in den gegenwärtigen Ereignissen zwischen den Völkern sein sollen. Das alles was da gesagt wird über Antagonismus und Gegensätzlichkeiten der Völker, das ist dazu da, um über die wahren Gründe den Schleier zu bereiten. Denn nicht dadurch, dass man von Worten heute zehrt, um diese Ereignisse zu erklären, kommt man zu irgendeinem Resultat, sondern dadurch, dass man auf die konkreten Persönlichkeiten hinzeigt. Das wird nur manchmal unbequem. Und derselbe Mann, der diese Sätze niedergeschrieben hat 1910, der aufgewacht ist, der hat auch in demselben Buch eine höchst unangenehme Rechnung angestellt. Er hat nämlich eine Liste aufgestellt von 55 Männern, die in der Wirklichkeit Frankreich beherrschen und ausbeuten. Diese Liste gibt es in dem Buch "La Democratie et la Financier" 1910 von Francis de Laicy. Von demselben Mann, der das ja mittlerweile berühmt gewordene Buch "La guerre qui vient" geschrieben hat, das letztere 1911, das Buch "La Democratie et le Financier" von 1910. In diesem Buche finden Sie Sätze von fundamentaler Bedeutung. Da ist einmal ein Mensch aufgewacht gegenüber der Wirklichkeit. In diesem Buche, die Demokratie und die Finanzwelt, liegen Impulse und vieles von dem zu durchschauen, was heute durchschaut werden sollte. Vieles aber auch zu zerhauen von dem, was der Nebel über die Gehirne der Menschen hin zu Fluten gebracht wird. Auch über diese Dinge muss man sich entschließen, die Wirklichkeit ins Auge zu fassen. Natürlich ist das Buch unberücksichtigt geblieben. Ich glaube ich brauch jetzt mal einen Schnaps. [Musik]

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